BUND Kreisverband Stuttgart

Klimaschutz und Verkehrswende – noch nie so wichtig bei einer Stuttgarter OberbürgermeisterInnenwahl

01. November 2020 | Lebenswertes Stuttgart, Energiewende, Mobilität, Nachhaltigkeit

BUND und weitere Umweltverbände prüften bei einer öffentlichen Videokonferenz die Umweltagenda der Stuttgarter OB-KandidatInnen

Der Stuttgarter Schlossplatz Stuttgart Schlossplatz  (wolfgang_vogt / pixabay)

Am Freitagabend 30. Oktober stellten sich zwei Stunden lang Veronika Kienzle, Martin Körner, Dr. Frank Nopper, Hannes Rockenbauch und Marian Schreier den Fragen von Stuttgarter Umweltorganisationen. Moderiert wurde die frei zugängliche und gut besuchte online-Videokonferenz von der BUND-Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarsky-Grosch und Dr. Ingo Kerkamm von den scientists for future. Die ursprünglich als Podiumsdiskussion im Hospitalhof geplante Veranstaltung wurde coronabedingt ins Netz verlegt. Nachfolgend wichtige Aussagen, Beiträge und Kommentare zu den verschiedenen Themenfeldern.
Die KandidatInnen hatten bereits im Vorfeld der Veranstaltung einige Fragen beantwortet. Diese finden Sie hier auf der Webseite des BUND Kreisverbandes Stuttgart.

 

Klimaziele und Energie:
Die Zeithorizonte, wann Stuttgart die Klimaneutralität erreicht haben soll, variieren zwischen Frank Nopper mit dem Jahr 2038, Veronika Kienzle, Martin Körner, Marian Schreier mit 2030 und Hannes Rockenbauch mit dem Jahr 2029. Frank Nopper hatte sich noch in der schriftlichen Beantwortung zur Klimaneutralität im Jahr 2050 bekannt.
Martin Körner möchte zusätzlich 1 Mrd. Euro im Bereich Energie investieren und dafür die Rücklagen der Stadt auflösen. Das im Dezember 2019 vom Gemeinderat beschlossene Aktionsprogramm Klimaschutz hat ein Volumen von 200 Mio. Euro für die nächsten 4 Jahre.

 

Autoverkehr:
Hannes Rockenbauch will bis 2029 den KfZ-Verkehr im Stadtgebiet um 80% reduzieren.
Nur Veronika Kienzle und Hannes Rockenbauch befürworten vorbehaltlos die BUND-Forderung einer jährlichen und kontinuierlichen Parkplatzreduktion von 5 % bezogen auf die Gesamtzahl der Stellplätze im Stadtgebiet. Hannes Rockenbauch will eine noch höhere Prozentzahl. Veronika Kienzle weist auf die aktuell hohen Leerstände in den Parkhäusern hin.
Außer Frank Nopper lehnen alle KandidatInnen das extrem landschaftszerschneidende Straßenbauprojekt Nordostring nördlich Zuffenhausen und Mühlhausen ab.

 

Busse und Bahnen:
Hannes Rockenbauch will einen kostenlosen ÖPNV. Der Einnahmeverlust von rund 500 Mio. Euro pro Jahr, soll durch eine Nahverkehrsabgabe, die von allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten und deren ArbeitgeberInnen, in Höhe von 25-30 Euro pro Person und Monat, finanziert werden.
Der BUND lehnt einen Gratis-ÖPNV ab, weil dies sozial nicht ausgewogen ist – Besserverdienende profitieren überdurchschnittlich. Z.B. eine Altenpflegerin, die mit dem Fahrrad oder mit dem ÖPNV zur Arbeit fährt, zahlt beim Rockenbauch-Vorschlag trotzdem rund 300.- Euro pro Jahr.
Veronika Kienzle will ebenfalls eine Nahverkehrsabgabe, die genaue Ausgestaltung führt sie nicht näher aus. Mit den Einnahmen will sie den ÖPNV u.a. mit besseren Taktangeboten attraktiver machen. Der BUND merkt an: aus rechtlichen Gründen kann eine wie auch immer geartete Nahverkehrsabgabe nur von der Landesregierung beschlossen werden. Im Gegensatz zu den Grünen lehnt die CDU im Landeskabinett eine Nahverkehrsabgabe bisher kategorisch ab.

 

Radverkehr:
Marian Schreier bezeichnet die aktuelle Situation für Radfahrende in Stuttgart als Abenteuersportart, er will vor allem den Ausbau des Hauptradroutennetzes beschleunigen.
Außer Frank Nopper möchten alle KandidatInnen deutlich mehr Straßenraum für den Fuß-, Rad- und Busverkehr umwidmen.

 

Naturschutz und Freiflächenschutz:
Veronika Kienzle weist als Einzige auf das Thema Artenschutz und die Bedeutung des Waldes in der Stadt hin.
Martin Körner und Frank Nopper sehen beim Wohnungsbau die Notwendigkeit, neben der Innenverdichtung auch auf die grüne Wiese im Außenbereich zu gehen. Beide schließen eine Bebauung des Birkacher Feldes nicht definitiv aus. Der BUND ist sich mit dem Aktionsbündnis Birkacher Feld einig, dass dort die wertvollen landwirtschaftlichen Flächen dauerhaft vor Versiegelung geschützt werden müssen, weil sonst dringend benötigte Frischluftschneisen verschlossen und Lebensraum für mehrere geschützte Arten zerstört würden.
Die anderen KandidatInnen Veronika Kienzle, Hannes Rockenbauch und Marian Schreier setzen hingegen auf konsequente Innenentwicklung.
Veronika Kienzle z.B. möchte Garagenflächen überbauen, die in den Stuttgarter Wohngebieten enorme Flächen einnehmen. Mit Modulbauten sollen schnelle, auch unkonventionelle Lösungen für neuen Wohnraum geschaffen werden.

 

Fazit des BUND zur Veranstaltung:
„Es gab wohl noch nie eine OB-Wahl in Stuttgart, bei der die Themen Verkehrswende, Umwelt- und Klimaschutz eine so große Bedeutung haben. Erfreulich ist, dass alle KandidatInnen diese Themen ernst nehmen. Bei den konkreten Zielen und Maßnahmen ergeben sich jedoch zum Teil deutliche Unterschiede, insbesondere in den Bereichen Mobilität, Energiewende und Freiflächenschutz“, resümiert Dr. Ulrich Schmidt vom BUND Kreisverband Stuttgart und Organisator der gelungenen und interessanten Veranstaltung.
Erfreut hat der BUND wahrgenommen, dass Veronika Kienzle bei den dringend notwendigen Planungs- und Beteiligungsprozessen in den genannten Bereichen die Umweltverbände, wie z.B. den BUND und den NABU sowie die Bevölkerung, stärker einbeziehen will.

 

Rückfragen an:

Dr. Ulrich Schmidt, 0152/ 216 572 04

Clarissa Seitz, BUND Kreisvorsitzende Stuttgart, 0172/ 419 96 44

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