BUND Kreisverband Stuttgart

Stummer Frühling in Hedelfingen: Uralte Kastanie klammheimlich verschwunden

27. März 2024 | Lebenswertes Stuttgart

BUND Kreisverband Stuttgart kritisiert die SWSG scharf wegen der Beseitigung eines gesetzlich geschützten Naturdenkmals am Hedelfinger Platz

 Baumfaellung-Hedelfinger-Platz Baumfaellung-Hedelfinger-Platz  (Wolf Paul, BUND KV Stuttgart)

Pressemitteilung vom 27.03.2024

Wer im Zentrum von Hedelfingen in den letzten Wochen unterwegs war traut seinen Augen nicht
mehr: von der riesigen zentralen Roßkastanie in der Baumgruppe am Hedelfinger Platz ist nur noch ein großer Baumstumpf übriggeblieben. Wie uns erst jetzt bekannt wurde, verschwand der uralte und ortsbildprägende Baum ohne viel Aufhebens am 14./15. Februar. Hinter der Fällaktion dürfte die SWSG stecken, der das Gelände gehört.

 

Dass es sich bei dem mächtigen Baum im Zentrum einer Baumgruppe mit 3 Rosskastanien und einer
Sommerlinde um ein gesetzlich geschütztes Naturdenkmal nach § 28 Bundesnaturschutzgesetz
handelt, ist der städtischen Tochter SWSG seit Jahrzehnten bekannt. Denn beim Bauvorhaben des
benachbarten Seniorenzentrums gab es Ärger mit der unteren Naturschutzbehörde. Das geplante
Gebäude musste verschoben werden, da es den ebenfalls geschützten, für das langfristige Überleben
des Baumes wichtigen Standraum eines der Naturdenkmale tangierte.

Die Roßkastanie war vermutlich vorgeschädigt vermutet der Bezirksbeirat der Grünen Eberhard
Schweizer. Vor ca. 15 Jahren gab es dort einen Biergarten, dessen damaliger Besitzer ungenehmigt ein
Lichtkabel im Standraum der Kastanien vergaben hatte. Dennoch ist eine Fällung des mächtigen Baums ohne gründliche Untersuchung und Genehmigung durch die Naturschutzbehörde ein Skandal.

Hinzu kommt, dass ausgerechnet die evangelische Kirchengemeinde Hedelfingen ca. 5 große
Hainbuchen rund um die Kreuzkirche gefällt hat. Angeblich wegen des störenden Laubfalls!

Der BUND ist entsetzt über den respektlosen Umgang mit wertvollen alten Bäumen im
Siedlungsbereich, die immer wieder mit fragwürdigen Begründungen gefällt werden. Dabei sind
schattenspendende alte Bäume gerade angesichts des Klimawandels unersetzlich. Bis nachgepflanzte
Bäume, wenn sie denn überhaupt überleben, den gleichen Zweck erfüllen, vergehen Jahrzehnte. „Ob
aus Gründen oft nur behaupteter Verkehrssicherheit oder wegen Nachbarstreitigkeiten über zu viel
Schatten oder Laubfall: immer wieder werden alte Bäume schnell noch am Ende des Winters vor Ablauf
der Schutzfrist des Naturschutzgesetzes beseitigt“ kritisiert Dr. Wolf Paul, Naturschutzexperte beim
BUND Kreisverband.

Die Stuttgarter Baumschutzsatzung, welche Bäumen mit einem Umfang über 80 cm einen Schutz vor
dem Fällen bietet, gilt noch immer nur im der Innenstadt und Teilen Bad Cannstatts. Die vom
Gemeinderat bei den Haushaltsberatungen 2018/2019 beschlossene Ausweitung auf die Gesamtstadt
liegt auf Eis: Der BUND kritisiert auch die Stadtverwaltung scharf: Die Stadt Stuttgart schafft es seit 6
Jahren nicht, die bereits genehmigten 1,5 Stellen beim Amt für Stadtplanung zu besetzen.

Die „verschwundene“ Hedelfinger Kastanie ist nicht das einzige Naturdenkmal, das der Stadt Stuttgart
abhandengekommen ist, dazu zählen z.B. eine mächtige Eiche am Max-Eyth-See und eine der zwei
Rotbuche am Mineralbad Bad Berg. Der BUND ist der Auffassung, dass nach über 20 Jahren es an der
Zeit ist, die Stuttgarter Naturdenkmalverordnung mit seinen nur 86 gelisteten Naturdenkmalen auf
einen aktuellen und Stand zu bringen und insbesondere zu erweitern.

Damit nicht klammheimlich und ohne Kenntnis der Stadt weitere Naturdenkmale „verschwinden“ und
sich Eigentümer darauf berufen, vom Schutzstatus nichts gewusst zu haben, hat der BUND einen
„heißen“ Tipp: wie in anderen Landkreisen bzw. Gemeinden üblich, könnten sie ja mit einem offiziellen
Naturdenkmalschild gekennzeichnet werden.

Dr. Wolf-Dietrich Paul, BUND KV Stuttgart, Wolf-Dietrich.Paul(at)gmx.de, Tel.: 0711-32 43 93

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