BUND Kreisverband Stuttgart

Die Schlehe - unterschätzte Schönheit

13. April 2021

Jedes Jahr am 13. April ist Ehrentag der Pflanze. Stellvertretend sei hier die Gewöhnliche Schlehe – Prunus spinosa – vorgestellt.

Schlehe (Foto: Johanna Ruhnau)

Ehrentag der Pflanze

Der Ehrentag der Pflanze wurde 1998 von der amerikanischen Gärtnerin und Umweltaktivistin Marion Owen ins Leben gerufen- zu Ehren der Pflanzen, der gesamten Flora [1]. In Deutschland ist dieser Ehrentag noch kaum bekannt, zu Unrecht, denn Pflanzen können so viele wunderbare Dinge: Sie produzieren mit Hilfe von Sonnenenergie durch die Photosynthese Sauerstoff, der die Erdatmosphäre so einzigartig macht und ohne den Leben auf unserem Planeten nicht möglich wäre. Gleichzeitig wird im Prozess der Photosynthese CO2 gebunden, was ebenso wichtig für den Erhalt der lebenswerten Atmosphäre ist [2]. Des Weiteren sind Pflanzen letztlich für alle Lebewesen die Nahrungsgrundlage, denn sie stehen am Anfang einer jeden Nahrungskette [3].
Weltweit sind etwa 330.000 Pflanzenarten bekannt [4].

Steckbrief

Die Gewöhnliche Schlehe, auch Schwarzdorn genannt, gehört zur Familie der Rosengewächse und ist ein sehr dorniger Strauch mit der Besonderheit, dass die Blüten vor den Blättern erscheinen. Ihre Blüten sind weiß, etwa einen Zentimeter groß und duften zart, wenn sie sich im April bis Mai öffnen. Nach der Blüte entfalten sich ihre ovalen bis eiförmigen Blätter. Zum Herbst reifen dann die kugeligen blau bereiften Früchte heran, die auch noch, nachdem die Blätter abgefallen sind, als Erkennungsmerkmal der Schlehe dienen können. Die Schlehe kommt natürlicherweise in sonnigen Hecken, an Wald- und Wegrändern und auf Steinhaufen an Feldrändern vor. Sie bevorzugt nährstoffreiche, kalkhaltige Böden und kann durch ihre Wurzelausläufer ausgedehnte, undurchdringliche Dickichte bilden [5].

Lebensraum Schlehe

Die Schlehe bietet durch ihren dickichtartigen Wuchs einen geschützten Lebensraum und ist Nahrungsquelle für viele Tierarten [5].
Sie blüht früh im Jahr, wenn die Witterung unbeständig sein kann. Entsprechend ist ihre Strategie, attraktiv für ein breites Spektrum an Bestäubern zu sein. Eine der ersten Besucherinnen der Schlehenblüten ist die Dunkle Erdhummel – Bombus terrestris, sowie verschiedene Schwebfliegenarten [6,7]. Später sind die Blüten Nahrungsquelle für viele Wildbienenarten [8]. Raupen von Schlehenzipfelfalter, Baumweißling, Segelfalter und verschiedene Raupen der Nachtfalterfamilie der Spanner ernähren sich von den Blättern der Schlehe [9]. Die Früchte dienen vielen Vogelarten als Futter. Zum Beispiel der Neuntöter, die Meisen und die Grasmücke finden im Schlehen-Dickicht einen geschützten Platz zum Nisten [9].

Zeigerpflanzen für den Frühling

In der Phänologie werden Pflanzenarten im Laufe des Jahres beobachtet und die Zeitpunkte bestimmter Entwicklungsphasen werden notiert. So lassen sich über lange Zeiträume Änderungen im Klima sehr zuverlässig dokumentieren. Die Schlehe zum Beispiel markiert mit dem Beginn ihrer Blütezeit den Erstfrühling. Außerdem reagiert der Verlauf der Schlehenblüte sehr sensibel auf lokale Unterschiede in der Temperatur und ist damit ein Anzeiger für frostgefährdete Standorte und Kaltluftschneisen [10].

Nutz- & Heilpflanze

Die Schlehe wurde schon in der Jungsteinzeit und von den Germanen genutzt. Zum Beispiel nutzte man das Holz als Einzäunung für Weiden und Siedlungen, die Beeren als vitaminreiche Nahrung und die Rinde zum Färben von Wolle und Leinen.
In der Heilkunde gilt der Tee aus Schlehenblüten als mildes Abführmittel, das die Blase, die Nieren und den gesamten Stoffwechsel anregt. Dem Tee wird außerdem eine blutreinigende Wirkung zugesprochen. Blüten in Öl eingelegt, ergeben ein hautstärkendes Öl. Die Früchte sind auf Grund ihres hohen Vitamin C-Gehalts ein allgemeines Stärkungsmittel. Auch in der Küche findet die Schlehe Verwendung, zum Beispiel als Schlehenmus, Schlehenlikör oder Schlehensirup [11].

Regionales und Schwäbisches

Die Schlehe - oder wie der Schwabe sie nennt: Schleh oder Schleie - ist auch hier in der Gegend schon lange in Nutzung und es ranken sich so manche Mythen um sie. So sollen in der Walpurgisnacht (30. April) an die Türe genagelte Schlehenzweige vor bösen Geistern und Hexen schützen. Die Dornen der Schlehe, auf dem Ofen getrocknet, dienten früher auf der Alb dem Verschließen von Würsten.
Der schwäbische Name Eis- oder Schneeschleie leitet sich davon ab, dass der Frost die herben Früchte milder und bekömmlicher macht [12].

Die Schlehe ist mit allen ihren Besonderheiten also auch in Stuttgart anzutreffen und wahrlich ein würdiger Vertreter zu Ehren der Pflanzen der ganzen Welt an diesem besonderen Tag. Vielleicht regt dieses Portrait an, die eine oder andere Pflanze vor der Haustüre zu entdecken und näher kennenzulernen.

Die Autorin Johanna Ruhnau engagiert sich für den BUND Stuttgart. Die Wahl-Stuttgarterin ist gerne draußen unterwegs, interessiert sich besonders für Natur- & Umweltschutz und ein nachhaltiges Leben direkt vor der eigenen Haustüre.

Quellen:

  1. https://www.kuriose-feiertage.de/international-plant-appreciation-day/
  2. https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/pflanzen/50664
  3. https://www.spektrum.de/lexikon/biologie-kompakt/nahrungskette/7996
  4. https://www.bfn.de/infothek/daten-fakten/zustand-der-natur/tiere-pflanzen-und-pilze/ii-11-1-artenzahlen-pflanzen-pilze-und-tiere.html
  5. Spohn, M., Aichele, D., Golte-Bechtle, M., Spohn, R. (2008): Was blüht denn da? 58. Auflage. Stuttgart: Kosmos Verlag.
  6. Gyan, K., & Woodell, S. (1987): Flowering Phenology, Flower Colour and Mode of Reproduction of Prunus spinosa L. (Blackthorn), Crataegus monogyna Jacq. (Hawthorn), Rosa canina L. (Dog Rose) and Rubus fruticosus L. (Bramble) in Oxfordshire, England. In: Functional Ecology, 1(3), 261-268. doi:10.2307/2389429
  7. Popescu, I., Caudullo, G. (2016): Prunus spinosa in Europe: distribution, habitat, usage and threats. In: San-Miguel-Ayanz, J., de Rigo, D., Caudullo, G., Houston Durrant, T., Mauri, A. (Eds.): European Atlas of Forest Tree Species. Publ. Off. EU, Luxembourg.
  8. MLR Baden-Württemberg (Hrsg.) (2011): Bienenweidepflanzenkatalog Baden-Württemberg. http://144.41.33.58/4DACTION/W_Init/BWPKBW_Taxon_de?TaxonID=66527
  9. https://web.archive.org/web/20071007181905/http://www.bund-sh.de/Envolution/upload/dl/sonstiges/schlehe.pdf
  10. DWD [Deutscher Wetterdienst] (Hrsg.) (2014): Anleitung für die phänologische Beobachtung des Deutschen Wetterdienstes. Vorschriften und Betriebsunterlagen Nr. 17. Überarbeitete Fassung. Offenbach am Main: DWD
  11. Fischer-Rizzi, S. (2010): Blätter von Bäumen. Heilkraft und Mythos einheimischer Bäume. 3. Auflage. München: AT-Verlag
  12. Müller, Th. (2011): Schwäbische Flora. Stuttgart: Schwäbischer Albverein e.V.

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