Setzt die Dämmerung ein, macht sich der nachtaktive Insektenfresser auf Nahrungssuche. Laufkäfer, Schmetterlingslarven, Spinnen, Regenwürmer, Schnecken und viele andere Insekten stehen auf seinem Speiseplan. Auch in Stuttgarter Gärten begegnet uns der heimische Igel (Erinaceus europaeus) dieser Tage häufig, um sich das nötige Fettpolster für den bevorstehenden Winterschlaf anzufressen. Bis zu 6 Monate kommt das Stacheltier so ohne Nahrung aus. Oft kommt es jedoch vor, dass insbesondere junge Igel nicht die nötigen Reserven bilden können, um den kalten Winter zu überstehen.
Häufige Ursache für ein zu geringes Körpergewicht im Spätherbst ist zum einen das Geburtsalter der Tiere. In der Regel gebärt das Muttertier jährlich einen Wurf. Verliert die Mutter diesen jedoch beispielsweise durch Unfälle, Störungen oder Nesträuber kann es passieren, dass sie im Spätherbst einen weiteren Wurf, einen sogenannten „Ersatzwurf“, zur Welt bringt. Spät geborene Tiere haben weniger Zeit sich die lebensnotwendigen Fettreserven anzufressen als diejenigen, die im August geboren werden. Zum anderen finden Igel in der freien Wildbahn immer häufiger nicht ausreichend Nahrung. Aufgrund der Bewirtschaftung der Landschaft durch den Menschen gehen viele Lebensräume für zahlreiche Tierarten, unter anderem auch Insekten, verloren. Auch der Klimawandel trägt zum Insektensterben bei, sodass Igel oftmals auf andere Nahrungsquellen ausweichen müssen, die nicht immer ihren tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen. Um Unterstützung hilfsbedürftiger Igel wird deshalb von Organisationen und Vereinen, die sich dem Schutz von Igeln gewidmet haben, ausdrücklich gebeten (Verein der Igelfreunde Stuttgart und Umgebung e.V.; Pro Igel, Verein für integrierten Naturschutz Deutschland e.V.).
Welche Form der Unterstützung für den Igel die richtige ist und welche Anzeichen darauf schließen lassen, dass das Tier tatsächlich fremde Hilfe benötigt, fassen wir hier für Dich zusammen.
Wann helfe ich?
Erste Anzeichen dafür, dass ein Igel fremde Hilfe benötigt, sind:
- Tagaktivität
Der Igel ist tagsüber und ohne Deckung aufgefunden worden.
- Säuglinge
Es handelt sich um einen Säugling (< 25 Tage alt), der außerhalb des Nestes aufgefunden wurde.
- Jungtiere < 500 g
Es handelt sich um ein Jungtier, das im November weniger als 500 Gramm Körpergewicht aufweist (11-25 cm Körperlänge).
- Parasitenbefall/Verletzungen/Schwächeanzeichen
Der Igel ist äußerlich von Parasiten befallen (Flöhe, Schmeißfliegen, Zecken, etc.), hat äußerlich erkennbare Wunden und/oder rollt sich bei Berührung nicht ein.
- Untertemperatur
Die Unterseite des Igels fühlt sich kühler an als die eigene normal temperierte Handfläche.
- Schlechter Ernährungszustand
Der Körper erscheint wurstförmig, Hungerfalten (Einbuchtungen am Hals) sind sichtbar, die Flanken wirken eingefallen und/oder die Rippen sind tastbar.
Wie helfe ich?
Ob ein zusätzliches Nahrungsangebot ausreichend ist, oder eine längere Unterbringung des Igels erfolgen muss, ist von verschiedenen Faktoren abhängig.
- Zufütterung in natürlicher Umgebung
Gesunde und gut genährte Jungigel, die tagsüber auf Nahrungssuche sind sollten zugefüttert, aber in ihrer natürlichen Umgebung belassen werden.
- Zufütterung und Obhut
Tiere, die trotz Zufütterung nicht an Gewicht zunehmen, erkrankte und verletzte Igel sollten nach tierärztlicher Behandlung im Haus aufgenommen und versorgt werden.
Säuglinge, die außerhalb des Nestes gefunden wurden, bedürfen in jedem Fall professioneller Hilfe. Der Säugling sollte unbedingt warm gehalten werden; anschließend ist umgehend eine Beratungsstelle/Igelstation in Deiner Umgebung zu kontaktieren.
- Tierärztliche Betreuung
Geschwächte und unterernährte Igel und Jungtiere im Allgemeinen sind sehr häufig von Parasiten wie Darm- und Lungenwürmern befallen und benötigen medizinische Behandlung. Ernsthafte sichtbare Verletzungen sollten ebenfalls tierärztlich versorgt werden.
Was füttere ich?
- Kalorien-, fett- und eiweißreiche Futtermittel
Katzen-/Hundefeuchtfutter (mit hohem Fleischanteil), ungewürztes und gegartes Ei, gegartes Geflügelfleisch/Hackfleisch, gezüchtete Futterinsekten (Grillen, Heuschrecken u.a.);
Wild, Innereien, Fisch und Meerestiere sind ebenfalls geeignet.
Ich habe einen hilfsbedürftigen Igel gefunden. - Was tue ich?
- Igel, wenn nötig, auf Normaltemperatur aufwärmen (36 °C)
- Funddaten dokumentieren
- Igel auf Verletzungen und Parasiten untersuchen
- Füttern
- Igelhäuschen einrichten (mit Versteckmöglichkeiten und Polstermaterialien)
- Tierarzt aufsuchen
Zu vermeidende Fehler
- NICHT auf den Speiseplan des Igels gehören
Milch und Milchprodukte, Gemüse, Obst, Nüsse und Getreideprodukte
- Keine Behandlung des Igels bei Untertemperatur
Vor jeder Art von Behandlung muss sichergestellt sein, dass die Körpertemperatur des Igels 36°C beträgt (Normaltemperatur)
- Säuglinge innerhalb des Nestes…
sollten innerhalb des Nestes verbleiben und man sollte sich schnellstmöglich weit vom Nest entfernen.
- Säuglinge außerhalb des Nestes…
brauchen umgehend Hilfe; es sollte nicht darauf gewartet werden, dass das Muttertier zurückkommt.
- Ein unterernährter Igel bei Wintereinbruch ist immer ein Pflegefall
Alleinige Zufütterung abgemagerter Tiere ist bei andauernden Temperaturen unter 5°C nicht mehr angezeigt. Die hohen Energieverluste, die durch Wärmeproduktion entstehen, würden eine Gewichtszunahme nicht mehr zulassen. Der Igel muss in Obhut genommen werden.
Auf der Website des Vereins ProIgel e.V. findest Du weiterführende Informationen zu Ernährung und Pflege, sowie hilfreiches Allgemeinwissen rund um den Igel.
Eine Kontaktliste mit Notrufnummern, Igelberatungsstellen und Igelstationen für den Raum Stuttgart, sowie Notfallpläne und Vorgehensweisen bei Auffinden eines Igels wird vom Verein der Igelfreunde Stuttgart und Umgebung e.V. bereitgestellt .