BUND Kreisverband Stuttgart

Igel im Spätherbst – Wann sind sie auf unsere Hilfe angewiesen?

30. Oktober 2020

Der heimische Braunbrustigel ist in Deutschland durch das Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Als Wildtier darf er nur in besonderen Ausnahmefällen der Natur entnommen werden, beispielsweise bei Vorliegen von Krankheit oder Verletzungen. Nach Genesung müssen Igel unverzüglich wieder in die Freiheit entlassen werden. Häufig ist das kleine Stacheltier aufgrund von Nahrungsmangel im Spätherbst auf menschliche Hilfe angewiesen. Doch woran erkenne ich, ob der Igel wirklich meine Hilfe braucht – und wie helfe ich richtig?

 (monicore)

Setzt die Dämmerung ein, macht sich der nachtaktive Insektenfresser auf Nahrungssuche. Laufkäfer, Schmetterlingslarven, Spinnen, Regenwürmer, Schnecken und viele andere Insekten stehen auf seinem Speiseplan. Auch in Stuttgarter Gärten begegnet uns der heimische Igel (Erinaceus europaeus) dieser Tage häufig, um sich das nötige Fettpolster für den bevorstehenden Winterschlaf anzufressen. Bis zu 6 Monate kommt das Stacheltier so ohne Nahrung aus. Oft kommt es jedoch vor, dass insbesondere junge Igel nicht die nötigen Reserven bilden können, um den kalten Winter zu überstehen.

Häufige Ursache für ein zu geringes Körpergewicht im Spätherbst ist zum einen das Geburtsalter der Tiere. In der Regel gebärt das Muttertier jährlich einen Wurf. Verliert die Mutter diesen jedoch beispielsweise durch Unfälle, Störungen oder Nesträuber kann es passieren, dass sie im Spätherbst einen weiteren Wurf, einen sogenannten „Ersatzwurf“, zur Welt bringt. Spät geborene Tiere haben weniger Zeit sich die lebensnotwendigen Fettreserven anzufressen als diejenigen, die im August geboren werden. Zum anderen finden Igel in der freien Wildbahn immer häufiger nicht ausreichend Nahrung. Aufgrund der Bewirtschaftung der Landschaft durch den Menschen gehen viele Lebensräume für zahlreiche Tierarten, unter anderem auch Insekten, verloren. Auch der Klimawandel trägt zum Insektensterben bei, sodass Igel oftmals auf andere Nahrungsquellen ausweichen müssen, die nicht immer ihren tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen. Um Unterstützung hilfsbedürftiger Igel wird deshalb von Organisationen und Vereinen, die sich dem Schutz von Igeln gewidmet haben, ausdrücklich gebeten (Verein der Igelfreunde Stuttgart und Umgebung e.V.; Pro Igel, Verein für integrierten Naturschutz Deutschland e.V.). 

Welche Form der Unterstützung für den Igel die richtige ist und welche Anzeichen darauf schließen lassen, dass das Tier tatsächlich fremde Hilfe benötigt, fassen wir hier für Dich zusammen.

Wann helfe ich?

Erste Anzeichen dafür, dass ein Igel fremde Hilfe benötigt, sind:

  • Tagaktivität
    Der Igel ist tagsüber und ohne Deckung aufgefunden worden.
     
  • Säuglinge
    Es handelt sich um einen Säugling (< 25 Tage alt), der außerhalb des Nestes aufgefunden wurde.
     
  • Jungtiere < 500 g
    Es handelt sich um ein Jungtier, das im November weniger als 500 Gramm Körpergewicht aufweist (11-25 cm Körperlänge).
     
  • Parasitenbefall/Verletzungen/Schwächeanzeichen
    Der Igel ist äußerlich von Parasiten befallen (Flöhe, Schmeißfliegen, Zecken, etc.), hat äußerlich erkennbare Wunden und/oder rollt sich bei Berührung nicht ein.
     
  • Untertemperatur
    Die Unterseite des Igels fühlt sich kühler an als die eigene normal temperierte Handfläche.
     
  • Schlechter Ernährungszustand
    Der Körper erscheint wurstförmig, Hungerfalten (Einbuchtungen am Hals) sind sichtbar, die Flanken wirken eingefallen und/oder die Rippen sind tastbar.

Wie helfe ich?

Ob ein zusätzliches Nahrungsangebot ausreichend ist, oder eine längere Unterbringung des Igels erfolgen muss, ist von verschiedenen Faktoren abhängig.

  • Zufütterung in natürlicher Umgebung
    Gesunde und gut genährte Jungigel, die tagsüber auf Nahrungssuche sind sollten zugefüttert, aber in ihrer natürlichen Umgebung belassen werden.
     
  • Zufütterung und Obhut
    Tiere, die trotz Zufütterung nicht an Gewicht zunehmen, erkrankte und verletzte Igel sollten nach tierärztlicher Behandlung im Haus aufgenommen und versorgt werden.
    Säuglinge, die außerhalb des Nestes gefunden wurden, bedürfen in jedem Fall professioneller Hilfe. Der Säugling sollte unbedingt warm gehalten werden; anschließend ist umgehend eine Beratungsstelle/Igelstation in Deiner Umgebung zu kontaktieren.
     
  • Tierärztliche Betreuung
    Geschwächte und unterernährte Igel und Jungtiere im Allgemeinen sind sehr häufig von Parasiten wie Darm- und Lungenwürmern befallen und benötigen medizinische Behandlung. Ernsthafte sichtbare Verletzungen sollten ebenfalls tierärztlich versorgt werden.

Was füttere ich?

  • Kalorien-, fett- und eiweißreiche Futtermittel
    Katzen-/Hundefeuchtfutter (mit hohem Fleischanteil), ungewürztes und gegartes Ei, gegartes Geflügelfleisch/Hackfleisch, gezüchtete Futterinsekten (Grillen, Heuschrecken u.a.);
    Wild, Innereien, Fisch und Meerestiere sind ebenfalls geeignet.

Ich habe einen hilfsbedürftigen Igel gefunden. - Was tue ich?

  1. Igel, wenn nötig, auf Normaltemperatur aufwärmen (36 °C)
  2. Funddaten dokumentieren
  3. Igel auf Verletzungen und Parasiten untersuchen
  4. Füttern
  5. Igelhäuschen einrichten (mit Versteckmöglichkeiten und Polstermaterialien)
  6. Tierarzt aufsuchen

Zu vermeidende Fehler

  • NICHT auf den Speiseplan des Igels gehören
    Milch und Milchprodukte, Gemüse, Obst, Nüsse und Getreideprodukte
     
  • Keine Behandlung des Igels bei Untertemperatur
    Vor jeder Art von Behandlung muss sichergestellt sein, dass die Körpertemperatur des Igels 36°C beträgt (Normaltemperatur)
     
  • Säuglinge innerhalb des Nestes…
    sollten innerhalb des Nestes verbleiben und man sollte sich schnellstmöglich weit vom Nest entfernen.
     
  • Säuglinge außerhalb des Nestes…
    brauchen umgehend Hilfe; es sollte nicht darauf gewartet werden, dass das Muttertier zurückkommt.
     
  • Ein unterernährter Igel bei Wintereinbruch ist immer ein Pflegefall
    Alleinige Zufütterung abgemagerter Tiere ist bei andauernden Temperaturen unter 5°C nicht mehr angezeigt. Die hohen Energieverluste, die durch Wärmeproduktion entstehen, würden eine Gewichtszunahme nicht mehr zulassen. Der Igel muss in Obhut genommen werden.

Auf der Website des Vereins ProIgel e.V. findest Du weiterführende Informationen zu Ernährung und Pflege, sowie hilfreiches Allgemeinwissen rund um den Igel.

Eine Kontaktliste mit Notrufnummern, Igelberatungsstellen und Igelstationen für den Raum Stuttgart, sowie Notfallpläne und Vorgehensweisen bei Auffinden eines Igels wird vom Verein der Igelfreunde Stuttgart und Umgebung e.V. bereitgestellt .

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