BUND Kreisverband Stuttgart

Strickarella im Interview

18. Mai 2022 | Nachhaltigkeit, Umweltfreundlich leben

Heute dürfen wir Janine von Strickarella interviewen. Sie lebt und arbeitet in Wendlingen, in der Nähe von Esslingen am Neckar. Dort hat sie 2021 Strickarella gegründet, einen Versand für ausgewählte Garne, selbstgemachte Maschenmarkierer, Stricksets, selbstgefärbte Wolle, Anleitungen und Achtsamkeitstipps.

 (Strickarella / Strickarella.de)

Janine, Du hast als 14-Jährige das Stricken von deiner Oma beigebracht bekommen. Wie kam es denn dazu?

Da muss ich mal tief in meinen Erinnerungen graben. Seit ich mich erinnern kann, hat meine Oma die gesamte Familie mit selbstgestrickten Socken versorgt. Meine Oma war sowieso immer schon mein größtes Vorbild und ich wollte alles können, was sie kann. Während sie Socken strickte, ahmte ich sie immer nach, bis sie mir dann zwei Stricknadeln und Wolle in die Hand gedrückt hat und mir das Stricken beibrachte.

Was war Dein erstes Projekt und hast Du es heute noch?

Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen: Ein blauer Schal mit weißen Streifen – kraus rechts gestrickt. Es war zwar nicht sonderlich schwierig, aber was war ich stolz, als er fertig war!

Was fasziniert Dich am Stricken? Ist es der gleiche Grund, warum Deine Oma gestrickt hat?

Also – zum einen fasziniert mich die positive Wirkung des Strickens auf Körper, Geist und Seele. Das ist wirklich nicht zu unterschätzen. Stricken wirkt sehr entschleunigend.
Dazu habe ich eine Studie gefunden, die herausgefunden hat, dass 73 Prozent der Menschen, die mindestens dreimal pro Woche stricken, sich nicht nur beim Stricken, sondern generell deutlich weniger gestresst fühlen. (2011, Von Hecker, U., Riley, J., Corkhill, B., A knitting survey) Während des Strickens schütten wir nämlich das Glückshormon Serotonin aus. Das hebt die Stimmung, reduziert unseren Blutdruck und versetzt uns so in einen natürlichen Entspannungszustand. Indem wir uns auf das Stricken konzentrieren, gönnen wir unserem Köpfchen eine Auszeit von aufwühlenden Gedanken, mildern innere Unruhe. Zudem ist Stricken wahre Gehirnfitness. Jedes Mal, wenn wir eine neue Stricktechnik lernen, vernetzen wir unsere Nervenzellen im Gehirn neu. Wir aktivieren unser Lernzentrum und bleiben dauerhaft mental fit. Wahnsinn, oder?!
Und was mich auch fasziniert: Stricken kann nachhaltig sein. Die Betonung liegt hier auf KANN. Denn Wolle ist nicht gleich Wolle.

Achtsamkeit und Nachhaltigkeit spielen bei Dir eine große Rolle. Wie macht Stricken Deinen Alltag nachhaltiger?

Seitdem ich stricke, kann ich mir jetzt meine Kleidung einfach selbst fertigen. Egal ob Pulli oder Sommertops, Stricken ist schon lange kein Winterhobby mehr! Durch die vielen Stunden Arbeit, die ich beispielsweise an einem Pulli sitze, ist die Wertschätzung für mein Kleidungsstück höher als für jedes Gekaufte. Da steckt so viel Zeit und Herzblut drinnen, das landet nicht so schnell in der Altkleidersammlung, es wird repariert!
Zudem habe ich den Herstellungsprozess von der Garnauswahl bis zur Fertigstellung selbst in der Hand. Ich habe es selbst in der Hand, welche Wollqualität ich verarbeiten möchte. Und da meine ich nicht das Acrylwollknäuel für 2,50 Euro.
Außerdem lassen sich so viele tolle und nützliche Haushaltshelferlein stricken, wie beispielsweise Spültücher, Topflappen, Gästehandtücher, Waschlappen, Abschminkpads oder Seifensäckchen. Damit kann jeder Plastik und Wegwerfprodukte im Haushalt reduzieren.

Du bietest nicht nur Wolle und Secondhandnadeln und selbst gefertigte Maschenmarkierer zum Verkauf an, sondern auch Kurse, und nimmst Deinen Teilnehmenden so die Angst vor dem Anfang. Hast Du einen guten Tipp für alle, die Du nun motiviert hast, sich an die Nadel zu wagen?

Dranbleiben, niemals aufgeben und wenn das allein schwer fällt, sucht man sich einfach Mitstreiter*innen oder besucht einen meiner Strickkurse! Auch wenn das jetzt eine weitere Floskel ist – Übung macht den Meister. Auch hier kommt wieder die fantastische Leistung unseres Gehirns ins Spiel. Indem wir üben und wiederholen, verstärken wir unsere neuronalen Netze im Gehirn. Wir werden von Mal zu Mal also besser. Und wenn man die Stricksachen dann doch mal ins Eck pfeffert, dann nicht lange zögern und nach Hilfe fragen. Man benötigt kein Talent zum Stricken. Du benötigst Durchhaltevermögen, wenn Du etwas wirklich lernen möchtest!

Für den Anfang empfehle ich, sich nicht direkt mit einem komplizierten Strickprojekt zu überfordern. Man sollte schnelle und kontinuierliche Erfolge sehen, um dranzubleiben. Da eignen sich Projekte wie zum Beispiel Spültücher, Abschminkpads, Schals oder auch Socken recht gut.

Was auch helfen kann – mit einer dickeren Wolle und einer größeren Nadelstärke, beispielsweise 5 mm, zu stricken. Da kommt man schneller voran – wobei ich persönlich das feine kleine Maschenbild mit Nadelstärke 2,5 oder 3 sehr liebe. Wenn man sich dann doch mal an ein größeres Projekt wagt, dann kann man sich mit Hilfe von Fortschrittsmarkieren motivieren und den Arbeitsfortschritt des Tages damit sichtbar machen. Die Fortschrittsmarkierer hängt man sich einfach zu Strickbeginn in eine Masche und kann dann sehen, wie viel man geschafft hat.

Und für alle, die bereits im Strickfieber sind und sich nicht ins Sommertief pusten lassen wollen, hast Du einen Stuttgarter Stricktreff organisiert. Was hat es denn mit der #0711WOOLGANG auf sich?

Die Stuttgarter WOOLGANG… Ich habe kürzlich einen Aufruf in Instagram gestartet und gefragt, wer aus meiner Community eigentlich aus dem Großraum Stuttgart kommt. Ich war erstaunt, denn ich habe bestimmt 30 Rückmeldungen bekommen. So schön das Stricken allein auf dem Sofa oder am Wochenende ist, genauso schön kann auch das Stricken in der Gemeinschaft sein. Man lernt Gleichgesinnte kennen, kann sich über das gemeinsame Hobby austauschen und Tipps teilen. Geplant sind monatliche Treffen in und um Stuttgart. Ob nette Cafés oder Stricken im Freien, so lernen wir gleichzeitig noch hübsche Ecken im Ländle kennen. Nicht zu vergessen, jeder kann Teil der 0711WOOLGANG werden – egal ob Strickanfänger*in oder Strickprofi! Hauptsache, wir hören die Nadeln klappern!

Danke, Janine, für Deine Zeit und das tolle Interview! Persönlich kennenlernen kann man dich auf dem Kunsthandwerkermarkt in Löchgau am 29.05.2022.

Wer mehr darüber erfahren möchte, wie man mit Stricken für mehr Entschleunigung im Alltag sorgen kann: 

Jetzt anmelden

 

Für die Stuttgarter Woolgang gibt es einen anderen Anmeldelink:

Jetzt anmelden

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb