BUND Kreisverband Stuttgart

Wisst ihr noch, damals…? Lebensmittel lagern und haltbar machen

01. April 2022 | Nahrungsmittel

Zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jedes Jahr im Müll. Das war nicht immer so. Erinnert ihr euch noch an Gespräche mit euren Großeltern, wenn sie erzählten, wie sie vor 60 Jahren gelebt haben? Der wenige Besitz, den sie hatten, wurde gehegt und gepflegt. Lebensmittel wurden nicht verschwendet, sondern gelagert und haltbar gemacht mit den unterschiedlichsten Methoden, und das bis in die 60er Jahre hinein ohne Kühl- und Gefrierschrank. Wie haben sie das geschafft ohne die für uns so selbstverständlich gewordenen Bequemlichkeiten und können wir von ihnen nicht auch heute noch einiges lernen?

 (Pixabay / pexels)

Lebensmittel lagern und lange haltbar machen zu können war damals wahrscheinlich noch wichtiger als heute, weil im Laden nicht alles jederzeit verfügbar war. Ein wichtiges Hilfsmitel für die Lagerung empfindlicher Lebensmittel war die belüftete Speisekammer - ein kleiner abgetrennter Raum oder oft auch nur ein eingebauter Wandschrank in der Küche, der ganzjährig kühler blieb als die restliche Wohnung. Schnell verderbliche Speisen und sonstige Lebensmittel des täglichen Bedarfs wie Wurst, Eier, Brot und Butter wurden darin aufbewahrt. Wer zudem einen Keller hatte, nutzte diesen natürlich auch. Dort lagerte man am besten Kartoffeln, die es dunkel und kühl brauchen. Was im Herbst an Kartoffeln geerntet wurde, konnte man so das ganze Jahr über aufbrauchen bis zur nächsten Ernte. Um Wurzelgemüse wie Karotten oder Rüben länger frisch zu halten, hat man sie manchmal in Sand gesteckt oder im Garten eingeschlagen und mit Stroh abgedeckt.

Das meiste Gemüse und Obst bleibt ohne (Tief)kühlung allerdings nicht so lange frisch und es braucht andere Lösungen, um es für die Wintermonate haltbar zu machen. Eine wahre „Allzweckwaffe“ hierfür ist das Einwecken oder Pasteurisieren. Meine Großeltern haben so ziemlich alles eingeweckt, was im Garten wuchs und nicht sofort verbraucht werden konnte: Bohnen, Erbsen, Karotten, Spargel, Kürbis sowie Beeren, Kern- und Steinobst. Man braucht dafür nur Einmachgläser und einen speziellen Einwecktopf. Der ist mindestens zur Hälfte mit Wasser gefüllt, hat einen Einsatz, damit die Gläser nicht die Heizplatte im Topfboden berühren und ein Thermometer zur Kontrolle der Temperatur. Das Gemüse kommt ins Glas, wird mit ein wenig Wasser bedeckt und dann für 2,5 Stunden bei 100 °C eingeweckt. Durch die Hitze werden Bakterien abgetötet. Beim Abkühlen zieht sich der Deckel durch Unterdruck fest, das Glas ist luftdicht verschlossen und der Inhalt konserviert. So lange wie bei einer Konservendose bleibt der Inhalt zwar nicht haltbar, aber es reicht problemlos, um eine Familie über den Winter hinweg mit Gemüse zu versorgen. Das Pasteurisieren funktioniert nach demselben Prinzip. Der Unterschied ist nur, dass die Lebensmittel deutlich kürzer erhitzt werden und das bei einer niedrigeren Temperatur von maximal 72 °C – 85 °C. Man kennt diese Methode zum Haltbarmachen von Milch. Für das Einwecken von Obst eignet sie sich aber auch sehr gut. So muss man auch im Winter nicht auf Obstkompott als Nachspeise verzichten.

Altbewährt für das Haltbarmachen von überschüssigem Obst ist ansonsten auch das Einkochen zu Marmelade, die Verarbeitung zu Saft oder die Herstellung von Wein, Likör oder Schnaps. Saft kann man entweder kalt pressen und dann pasteurisieren oder mit dem Entsafter in die Flasche heiß abfüllen und dann mit einem Gummipfropfen luftdicht verschließen, damit er haltbar bleibt. Das Einkochen zu Marmelade ist sogar noch einfacher, weil man keine speziellen Geräte dazu braucht. Ein Rezept für leckere Himbeermarmelade findet ihr z.B. hier: https://www.bund-stuttgart.de/fileadmin/kvstuttgart/Naturtipps-Juli.pdf.

Etwas mehr Geduld und Fingerspitzengefühl muss man mitbringen, um z.B. Gemüse oder Kraut mithilfe des Einlegens haltbar zu machen. Das physikalische Prinzip dahinter ist die Fermentation. Salzgurken zum Beispiel werden nach der Ernte in ein Glas oder einen Steintopf geschichtet und mit einer Salzlake, die nach Belieben gewürzt ist, übergossen. Man muss sicherstellen, dass die Gurken von der Lake bedeckt bleiben (indem man sie beschwert) und das Gefäß verschlossen ist, gleichzeitig aber Luft zum Atmen bzw. Gären hat. Dann muss man etwa sechs Wochen warten, bis die Salzgurken fertig eingelegt sind.

Die Möglichkeiten des Haltbarmachens von frischen Lebensmitteln sind vielfältig. Pökeln, Räuchern und Lufttrocknen wurden hier bspw. noch gar nicht erwähnt. Der eigenen Experimentierfreudigkeit sind also kaum Grenzen gesetzt. Man muss sich nur trauen, es auszuprobieren. Unsere Großeltern mussten oft aus der Not heraus sparsam mit Lebensmitteln umgehen. Aber an Aktualität haben ihre Methoden der Lagerung und des Haltbarmachens kein bisschen verloren. Weil die Ressourcen unseres Planeten nicht endlos regenerierbar sind, müssen auch wir sorgfältig und sparsam damit umgehen. Also besinnen wir uns zur Abwechslung doch mal zurück. Sprecht mit euren Eltern und Großeltern, hört ihnen zu. Sie geben bestimmt gerne den ein oder anderen Tipp. Wäre doch schade, wenn ihr wertvolles Wissen verloren ginge, während im selben Augenblick so viele Lebensmittel im Müll landen.

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