Gemeinsame Pressemitteilung von KUS, VCD, PRO BAHN, BUND, Stuttgart, 27.01.22
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat am 25. Januar 2022 die Verwaltung mit den vertieften Planungen für einen 700 m langen, zweiröhrigen Tunnel der B 10 / B 27 in Zuffenhausen beauftragt. Die Entscheidung fiel mit knapper Mehrheit von SPD, CDU, FDP, Freien Wählern und AFD.
Die unterzeichnenden Umwelt- und Fahrgastverbände sind entsetzt über diese Entscheidung, die in krassem Gegensatz zum 5 Tage zuvor beschlossenen Ziel, 2035 klimaneutral zu werden, steht. Erschreckend ist vor allem, dass die Befürworter des langen Tunnels es nicht für nötig hielten, die Vereinbarkeit mit den Klimazielen vorab zu prüfen und den CO2-Ausstoß von Verkehrsbeschleunigung und Bau des Tunnels gutachterlich abschätzen zu lassen. Wir haben im Vorfeld darauf hingewiesen, wie klimaschädlich der Einsatz von Stahl und Beton bei so einem großen Bauvorhaben ist.
Wir fragen: Haben die Stadträte und Stadträtinnen tatsächlich der Milchmädchenrechnung der Verwaltung Glauben geschenkt, durch die Verkürzung der Fahrstrecke würde CO2 eingespart, wie in der Vorlage zu lesen war? Längst ist bekannt, dass die Verkürzung und Beschleunigung von Fahrten letztendlich wieder zu zusätzlichen bzw. weiteren Wegen führt und dass die Bewältigung größerer Höhendifferenzen, die in diesem Fall entstehen, ebenfalls zusätzlichen Energieverbrauch erfordert.
Vielleicht noch entscheidender: Die Stadt hat im Verkehrsentwicklungskonzept 2035 beschlossen, den Kfz-Verkehr um 20 % zu senken. Eine Reduzierung des Kfz-Verkehrsaufkommens ist zur Erreichung der Klimaziele dringend notwendig. Dieser Beschluss ist nochmals bestätigt worden. Die Planung sieht aber eine Beschleunigung und zusätzliche Kapazität im Kfz-Verkehr vor. Zu erwarten ist dann, dass sich zusätzlicher Verkehr zwischen A 81 und Plochingen / A 8 auf eine dann komfortabel befahrbare B 10 in dieser Relation verlagert – zusätzlich begünstigt durch den Rosensteintunnel und den geplanten weiteren Ausbau der B 10 auf 6 Fahrstreifen im Osten und 4 Fahrstreifen bis Vaihingen/Enz. Dagegen könnte die Reduzierung des Kfz-Verkehrs beispielsweise erreicht werden durch ein Pförtnerung vor der Zufahrt nach Zuffenhausen und Verringerung der Zahl der Fahrspuren von 6 auf 4, was auch einen Flächengewinn bringen würde, aber in diesem Zusammenhang nie diskutiert wurde.
Neben dem geringen Nutzen, den der lange Tunnel für Zuffenhausen bringt noch ein weiteres Gegenargument: Für den Klimaschutz wurden 200 Mio € bereitgestellt, die geplante Klimaschädigung durch Tunnelbau soll 400 Mio € kosten. Nimmt man eine Preissteigerung wie beim Rosensteintunnel an, sind das im Jahr 2037 fast eine Milliarde Euro plus Unterhaltskosten von dann jährlich etwa einer Million Euro, welche die nachfolgenden Generationen aufbringen müssen.
Das sind Gelder, die ab sofort für die Wärmewende und die Verkehrswende benötigt werden und welche in diesen Sektoren wirkliche Beiträge zum Klimaschutz und CO2-Einsparung bringen könnten.
Die schlimmsten Befürchtungen der Umweltverbände sind mit diesem Beschluss wahrgeworden: Die Ratsmitglieder von SPD bis AfD haben offensichtlich nicht erfasst, was Klimaschutz bedeutet und dass er eine Neuausrichtung erfordert. Sie fallen zurück in einen völlig überzogenen Straßenbau des letzten Jahrhunderts. Gleichzeitig soll eine funktionierende Schienenverbindung wie die Gäubahnstrecke in den nächsten Jahren abgehängt werden. Das ist Verkehrswende in die falsche Richtung.
Wir Umweltverbände werden die Befürworter der Zuffenhauser Tunnellösung weiter mit dem Thema Klimaschutz konfrontieren. Und wir werden weitere Schritte prüfen, um einen Baubeschluss zu verhindern.
Unterzeichner:
für das KUS (Klima- und Umweltbündnis Stuttgart): Manfred Niess, Kernerstraße 22 B, 70182 Stuttgart, Tel. 0711 - 297082 E-Mail: MNies@t-online.de
für den VCD (Verkehrsclub Deutschland) Kreisverband Stuttgart e.V.: Christoph Link, Vaihinger Landstraße 50, 70195 Stuttgart, Tel. 0711 - 6993756 E-Mail: link@vcd-stuttgart.de
für den BUND (Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland) Gerhard Pfeifer, Rotebühlstraße 86/1, 70178 Stuttgart, Tel. 0711- 842559 E-Mail: gerhard.pfeifer@bund.net
für Pro Bahn Wolfgang Staiger, Teckstraße 14, 70188 Stuttgart, Tel. 0711 - 260138 E-Mail: wolfgang.staiger@pro-bahn-bw.d