BUND Kreisverband Stuttgart

Aquaponik - eine Alternative zum konventionellen Fischfang

23. Juni 2021 | Nachhaltige Ernährung, Tierwohl, Umweltfreundlich leben

Wir Menschen essen immer mehr Fisch. Was bedeutet dies für die sowieso schon überfischten Bestände und welche Alternativen gibt es?

Die weltweite Überfischung gilt heute als eine der größten Bedrohungen für die Gesundheit der Meere und deren Bewohner. Darüber hinaus hat sie aber auch direkte Auswirkungen für viele Menschen, besonders in Entwicklungsländern. Aber warum ist das so? Dazu ein Überblick zu den Fakten: heute isst jeder Mensch durchschnittlich 19,2 kg Fisch pro Jahr und somit etwa doppelt so viel wie noch vor 50 Jahren. Dabei stellt die Europäische Union den größten Fischimporteur weltweit dar und bezieht diesen zu einem großen Teil aus Entwicklungsländern. Zwischen 1970 und 2010 gingen die Fischpopulationen weltweit um 50 % zurück, dabei sind besonders stark Arten wie die Makrele und der Thunfisch betroffen. Illegaler Fischfang macht ungefähr ein Viertel des weltweiten Fischfangs aus. Zudem werden rund 38,5 Millionen Tonnen Beifang pro Jahr in Kauf genommen.

Fischzucht: Wirklich eine gute Alternative?

Um die steigende Nachfrage zu befriedigen, wird Fisch auch in Unterwasserfarmen gezüchtet. Dies bedeutet aber leider in den meisten Fällen keine wirkliche Entlastung für ihre freilebenden Artgenossen, denn der wachsende Bedarf an Futter stellt eine zusätzliche Gefahr für die überfischten Bestände dar. Heute wird fast die Hälfte der Speisefische in Süßwasser- und Meereszuchten herangezogen. Dafür wird von meist nicht nachhaltigen Fischereien zusätzlich Wildfisch gefangen und verfüttert. Außerdem gelangen Chemikalien, Nahrungsreste, Fischkot und Antibiotika aus den offenen Netzkäfigen in die Flüsse und Meere und verursachen so große Umweltschäden. In tropischen und subtropischen Ländern werden darüber hinaus für den Bau von immer weiteren Zuchtanlagen wertvolle Lebensräume wie zum Beispiel Mangrovenwälder zerstört.

Eine tatsächliche Alternative: Kreislaufsystem durch Aquaponik

Die Aquaponik stellt eine besondere Art der Fischzucht da, bei der das Prozesswasser zusätzlich für die Nährstoffversorgung von Pflanzen genutzt wird. Für die Haltung in dieser Art der Aquakultur eignen sich vor allem robuste Fischarten, wie zum Beispiel Tilapia. Dies sind Buntbarsche, welche ursprünglich aus Afrika stammen, sehr schnell wachsen und geringe Ansprüche an die Futterqualität und einen geringen Proteinbedarf haben. Dadurch ist auch die Gabe von Fischfutter mit pflanzlichen Proteinen möglich. Des Weiteren sind sie robust gegenüber Schwankungen der Haltungsbedingungen, wie Temperatur oder Nährstoffgehalt im Wasser. Die zweite Systemkomponte ist die Hydroponik, in der Nutzpflanzen für den Verzehr produziert werden. Die Pflanzen werden hierbei nicht in Erde angebaut, sondern in Rinnen, in welchen die Pflanzenwurzeln kontinuierlich von der aus dem Fischteich stammenden Nährlösung umspült werden. Im Prozesswasser der Fischhaltung reichern sich über die Zeit Stickstoffverbindungen, vorrangig Nitrat und Phosphat an, sodass sich dieses hervorragend für die Nährstoffversorgung der Pflanzen eignet.

Ziel der Aquaponikanlage ist daher die Abstimmung der beiden Produktionssysteme, wodurch die Fische einen Großteil der Nährstoffe für die Pflanzen bereitstellen, ohne dass eine zusätzliche Düngung erforderlich wird und so ressourcenschonend und trotzdem sehr effizient Lebensmittel produziert werden können.

Aquaponik in Stuttgart

Bastian Winkler hat vor 6 Jahren den Verein Grünfisch e.V. gegründet, mit dem Ziel Aquaponik hier in der Stadt bekannter zu machen. Dafür hatte der Verein mitten in Stuttgart auf dem Züblinparkhaus Aquaponik im Rahmen des Urban Gardenings ausprobiert. Laut ihm hat diese Art der Aquakultur klare Vorteile: “Man braucht bis zu 80 % weniger Wasser für die Fischzucht und der zweite Vorteil ist, dass man das Fischfutter zweimal verwendet, da die Fische nur 20-40 % der Nährstoffe im Futter verbrauchen und der Rest im Wasser verbleibt. Durch den „Pflanzenfilter“ nutzt man somit die Nährstoffe noch, um zum Beispiel Tomaten, Paprika und Kräuter zu produzieren.“ Um ein perfektes Kreislaufsystem zu erlangen, wurden sogar die Pflanzenabfälle genutzt, um Insekten damit zu füttern und so Larven anzuziehen, die wiederum an die Fische verfüttert wurden.

Auf was Du beim Kauf von Fisch achten solltest

Wichtig ist es, dass Du auf Bio-Siegel wie „Naturland“ und „Bioland“, die es inzwischen auch für Zuchtfisch gibt, achtest. Um Treibhausgase durch lange Transportwege zu vermeiden, greife am besten auf Fisch von regionalen Fischereien und Zuchtbetrieben zurück. Der durch den WWF 2009 ins Leben gerufene Aquaculture Stewardship Council (ACS) soll als unabhängige Organisation, durch eine objektive Beurteilung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Aquakulturen, eine zuverlässige Empfehlung für Verbraucher und Händler geben. Für Fisch von Meeresfischereien solltest Du auf das Marine Stewardship Coucil (MSC) Logo achten.

 

Hier findest Du weitere Infos zum Thema:

Aquaponik in Stuttgart: Grünfisch e.V.

Aquakulturinfo: www.aquakulturinfo.de

WWF

 

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb