BUND Kreisverband Stuttgart

Kleidung aus Erdöl?

20. April 2021 | Plastikfrei leben

Sie sind leicht, elastisch, weich auf der Haut und trocknen schnell: synthetische Fasern wie Polyester, Polyamid, oder Polyacryl. Aber sie sind auch gesundheitsschädlich und umweltbelastend.

Synthetische Polymere werden aus Erdöl und -gas hergestellt, was wiederum nicht-erneuerbare Ressourcen verbraucht und Treibhausgase emittiert. Etwa 706 Milliarden Kilogramm CO2-Äquivalente erzeugte 2015 allein die Produktion von Polyesterfasern, welche mit 60% den größten Teil an Kunstfasern bilden. Das entspricht in etwa dem Ausstoß von 185 Kohlekraftwerken in einem Jahr, oder der Menge CO2, die 234 Millionen Hektar Wald speichern würden – eine Fläche so groß wie Algerien!

Hinzu kommen die gesundheitlichen Folgen, die die Produktion synthetischer Kleidung verursacht. Zu 94% werden die Chemiefasern in Asien produziert und verarbeitet, insbesondere in China. Da vorrangig Frauen in der Textilindustrie arbeiten, sind sie potentiellen negativen Folgen wie Brustkrebs und einem erhöhten Risiko für Fehlgeburten ausgesetzt, die im Zusammenhang mit dem Bearbeiten der Fasern beobachtet wurden. Eine weitere Gefahr stellen die tausenden verschiedenen Chemikalien zum Behandeln und Färben der Kleidung dar. Beispiele sind Flammschutzmittel und Farbstoffe, die krebserregend, allergen oder auch hormonell beeinflussend wirken können. Oft gelangen solche Stoffe zudem mit dem Abwasser in Gewässer und belasten neben den Arbeiter*innen auch Anwohner*innen.

Mit dem Kauf synthetischer Kleidung beginnen die nächsten Probleme. Durch das Waschen gelangt Mikroplastik in das Abwasser, dessen Folgen für die Umwelt und die menschliche Gesundheit noch weiter erforscht werden. Der Faserabrieb von synthetischer Kleidung ist für etwa 35% des Mikroplastiks im Meer verantwortlich und damit Quelle Nummer Eins. Unstrittig ist, dass im Wasser befindliche Lebewesen die Fasern aufnehmen und diese so in die Nahrungskette gelangen. Ein wichtiger Aspekt, der noch hinzukommt, ist die große Anziehungskraft von Mikroplastik auf andere Schadstoffe, die sich daran anreichern und ebenfalls aufgenommen werden. Kläranlagen und Waschmaschinen können die kleinen Fasern nicht filtern, es gibt aber Lösungsansätze wie den „Guppy Friend“ Waschbeutel, der die Fasern beim Waschen zurückhalten soll.

Aufgrund der Tatsache, dass synthetische Kleidung sehr billig in der Herstellung ist, befeuert dies die Wegwerfkultur in der Textilbranche. Dadurch landen viele Kleidungsstücke frühzeitig in Deponien, Müllverbrennungsanlagen oder im Meer. Recycling ist aufwendig, da Fasergemische getrennt und ein flächendeckendes Rücknahmesystem etabliert werden müsste. Die eigentliche Problematik für Umwelt und Gesundheit ändert sich dabei jedoch nicht.

Neben einem verringerten Konsum wäre die Wahl von biobasierten Fasern ein Schritt in die richtige Richtung. Aber auch Baumwolle ist mit Vorsicht zu genießen: Die konventionelle Produktion verbraucht sehr viel Wasser und belastet Böden mit Pestiziden. Der Anbau biologischer Baumwolle (Organic Cotton) benötigt hingegen weniger Wasser und verzichtet weitestgehend auf Pestizide. Eine noch bessere Alternative sind „Lyocell“ oder „Tencel“, die aus Zellulosefasern auf Basis von Zellstoff, also Baumrinde, hergestellt werden. Sie sind die neuere Generation der mittlerweile durch hohen Chemikalieneinsatz als nicht mehr umweltfreundlich geltenden Viskose. Auch „Modal“ basiert auf Zellulose und wird ökologisch ohne giftige Lösungsmittel produziert. Selbst in Mainstream-Labels sind Modal, Lyocell und Tencel inzwischen im Sortiment vertreten. Weitere umweltfreundlichere Materialien sind Hanf, Kork oder auch Flachs (Leinen), wobei immer auf eine ökologische und regionale Herstellung geachtet werden sollte.

 

Beispiele:

Syntetische Fasern:

  • Polyester: auch Thermolite, Polartec, Trevira, Diolen, Polarguard
  • Polyacryl: auch Orlon, Dralon, Dolan
  • Polyamid: auch Nylon, Antron, Perlon, Tactel, Grilon, Dederon
  • Elasthan: auch Lycra, Spandex, Dorlastan
  • Acetat: auch Kunstseide (halbsynthetisch, aber kaum biologisch abbaubar)

Biobasierte halbsynthetische Fasern:

  • Viskose: aus Holzfasern (auch Bambus)
  • Modal: aus Buchenholzfasern
  • Lyocell/Tencel: aus Holzfasern

Naturfasern:

  • Biobaumwolle
  • Wolle
  • Seide
  • Leinen
  • Hanf

 


 

Quellen zum Weiterlesen:

Plastikatlas 2019

Utopia

Smarticular

Future Fashion Freundeskreis

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