BUND Kreisverband Stuttgart

Wasserverschmutzung und ihre Folgen

26. Juli 2021 | Wasser, Meere

Leitungswasser ist eine umweltfreundliche Alternative zu abgefülltem Wasser in Plastik- oder Glasflaschen. Immer wieder wird betont, dass Leitungswasser in Deutschland streng kontrolliert wird und bedenkenlos getrunken werden kann. Gleichzeitig kursieren Berichte über Wasserverschmutzung und besorgniserregende Zustände von Gewässern. Woher kommt also unser Trinkwasser, und wie sauber ist es? Was sind die Ursachen der Wasserverschmutzung und welche Folgen zieht das für Mensch, Umwelt und Natur nach sich? Haben wir auch einen Einfluss auf die Wasserqualität außerhalb von Deutschland? Diese Fragen wollen wir im Folgenden beantworten.

Chemisch belastetes Wasser

Für die Sauberkeit des Trinkwassers in Stuttgart sind die kommunalen Zweckverbände Landeswasserversorgung und Bodensee-Wasserversorgung zuständig, die uns mit Bodenseewasser und Landeswasser aus dem Donauried beliefern. Diese zwei Wasserlieferanten bereiten das Rohwasser in ihren Wasserwerken zu Trinkwasser auf.

Die Schadstoffbelastung des Stuttgarter Trinkwassers liegt deutlich unter den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung (TrinkwV). Besorgniserregend sind jedoch die hohen, weiterhin ansteigenden Nitratwerte in einzelnen Wasserschutzgebieten, denn auch nach der Aufbereitung liegt der Nitratwert in Stuttgart bei 20,2 mg/L (Grenzwert nach TrinkwV: 50 mg/L) [1].

In den Genuss von sorgsam aufbereitetem Trinkwasser kommen allerdings nur wir Menschen, Tiere und Pflanzen dagegen sind auf das Wasser in Flüssen und Seen angewiesen. Hier sieht die Situation schon anders aus: nur 10% der deutschen Fließgewässer sind in einem guten bis sehr guten Zustand, bei den Seen sind es ca. 26,4% [2]. Die Bewertung des Zustands erfolgt anhand dem europäischen Wasserschutzgesetz, der „Wasserrahmenrichtlinie”. Die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie sind das natürliche Vorkommen von typischen Pflanzen und Fischen in den jeweiligen Gewässern, die Durchgängigkeit von Bächen und Flüssen, sanierte und naturbelassene Uferzonen und Schadstoffkonzentrationen innerhalb der Grenzwerte [3].

Bei der Einigung auf die Wasserrahmenrichtlinie im Jahr 2000 verpflichteten sich die Mitgliedsstaaten dazu, bis 2015 alle Gewässer in einen „guten Zustand” zu versetzen. Deutschland hat für fast alle Gewässer die Möglichkeit genutzt, Fristverlängerungen bis 2027 zu beantragen [3]. Momentan sieht es danach aus, als würde die Bundesregierung versuchen, die Fristen noch bis 2045 und darüber hinaus zu verschieben [4].

 

Ursachen und Folgen der Wasserverschmutzung in Deutschland

 

Zu hohe Nährstoffkonzentrationen sind die Hauptursache für die schlechten Zustände der Gewässer. Die großen Mengen an Gülle aus der Massentierhaltung werden als Dünger auf den Feldern verteilt. Sie enthalten jedoch viel mehr Stickstoff in Form von Nitrat, als Böden und Pflanzen aufnehmen können. Regen wäscht das überschüssige Nitrat ins Grundwasser aus, mit dem es weiter in Flüsse und Seen transportiert wird. Dort fördert das Nitrat das übermäßige Wachstum von Algen und Wasserpflanzen, bei deren Zersetzung Sauerstoff umgewandelt wird. Dieser steht dann anderen Wasserlebewesen nicht mehr zur Verfügung und sie sterben aus [5].

 

Weitere Ursachen für die schlechte Wasserqualität sind Luftverschmutzung (saurer Regen), Kunstdünger (Phosphor fördert Bakterienwachstum) und Pestizide. Es werden immer noch Pestizidrückstände von längst verbotenen Substanzen im Wasser nachgewiesen. Bis heute gibt es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über deren langfristigen Auswirkungen auf die Umwelt und Natur.

Neben der Landwirtschaft tragen in Deutschland auch andere Wirtschaftszweige zur Wasserverschmutzung und dem Rückgang der Artenvielfalt bei. Mit dem Abwasser aus der Industrie können giftige Schadstoffe in die Gewässer gelangen. Flüsse und Seen werden auch als Kühlwasserquellen für industrielle Anlagen genutzt. Bei der Rückführung in die Gewässer steigt die Wassertemperatur an. Dadurch verringert sich der Sauerstoffgehalt und es wird einigen Fischarten zu warm. Für den Schiffsverkehr werden Flüsse begradigt und Ufer befestigt, wodurch wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen verloren gehen. In der Umgebung von Braunkohlebergbau sinkt außerdem der Grundwasserspiegel, wodurch weniger Wasser in Oberflächengewässern ankommt.

 

Neben Pflanzen und Tieren leiden auch wir Menschen unter den Folgen der Wasserverschmutzung. Laut einem vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft beauftragten Gutachten werden die Trinkwasserpreise deutlich steigen, um die höheren Kosten der Aufbereitung zu decken [6]. Außerdem könnten bei Seen Maßnahmen wie die Belüftung des Tiefenwassers, die Behandlung des Sediments oder die Zugabe von Kalk notwendig sein [7] – auch hierfür muss bezahlt werden. Der hohe Nitratgehalt kann zu gesundheitliche Beeinträchtigungen führen und Pestizidrückstände finden sich schon heute in zahlreichen Lebensmitteln für Menschen und Tiere [8].

 

Wasserverschmutzung ist auch eine Folge der Globalisierung

 

Wasserverschmutzung ist ein globales Problem. In der Schweiz wurde beispielsweise bekannt, dass ein Einzugsgebiet aus dem ca. 1 Mio. Menschen versorgt werden, mit einem möglicherweise krebserregendem Fungizid belastet ist [8]. In vielen Entwicklungsländern sind die Regelungen für Pestizideinsätze in der Landwirtschaft und die Klärung der Industrieabwässer sehr schwach. Zusätzlich  sind dort Aufbereitungsanlagen oft nicht vorhanden oder ineffektiv, sodass das Abwasser von Wohnhäusern oder Industrieanlagen nicht aufbereitet wird. In diesem Fall wird das Wasser zusätzlich durch das Abwasser von Wohnhäusern stark verschmutzt.

 

Die Industriestaaten sollten sich ihrer Verantwortung gegenüber Schwellen- und Entwicklungsländern stellen. Als Importnationen tragen sie dazu bei, dass in Ländern des globalen Südens die Wassernutzung und Verschmutzung steigt. Bei der Herstellung von vielen Konsumgütern, die bei uns verkauft werden, wird im Ursprungsland  viel Wasser genutzt und verschmutzt. Beispielsweise werden für den Anbau von Tomaten, Baumwolle und Kaffee in wasserarmen Gegenden viel Wasser verbraucht. Ebenso beim Rohstoffabbau, z.B. in Südafrika, werden große Mengen an verschmutztem Grubenwasser wieder dem Wasserkreislauf zugeführt [9]. Nach einer Schätzung der Weltbank verursacht allein das Färben und Behandeln von Textilien in der Textilbranche weltweit rund 20 Prozent der industriellen Wasserverschmutzung [9].

 

Mit dem Indikator „Wasserfußabdruck” lässt sich abschätzen, wie viel Wasser ein Land,  eine Person oder ein Produkt direkt und indirekt verbraucht [10]. Eine Kennzeichnung in Bezug auf die Wasserverschmutzung jedoch fehlt. Der Grad der Verschmutzung, die damit verbundenen Kosten zur Aufbereitung und die gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung lassen sich so jedoch nicht beziffern.

 

Über die Autorin: Sina Ackermann ist bei jedem Wetter gerne unterwegs, meist zu Füß. Sie liebt es saisonal, regional und vegan zu kochen. Nachhaltiger und geringer Konsum sind ihr wichtig.

 

 

Quellen:

[1] www.lw-online.de/qualitaet-nitrat

[2] https://www.umweltbundesamt.de/daten/wasser/

[3] www.bund.net/fluesse-gewaesser/wasserrahmenrichtlinie

[4] www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/gewaesserschutz-eu-vorgaben-verschleppt-guter-zustand-der-gewaesser-in-weiter-ferne/

[5] https://www.oekosystem-erde.de/html/wasserverschmutzung.html

[6] https://guelleverschmutzung-stoppen.de/gutachten-belegt-hoehere-kosten-durch-nitratbelastung/

[7] https://www.umweltbundesamt.de/daten/wasser/zustand-der-seen#okologischer-zustand-der-seen

[8] https://wa21.ch/wp-content/uploads/2021/05/aqua-viva-2-2021.pdf

[9] https://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article135962728/Wie-unsere-Konsumgueter-woanders-Wasserkrisen-schueren.html

[10] www.waterfootprint.org/en/resources/interactive-tools/

 

 

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