Kreisverband Stuttgart
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CDU-Schlag gegen eine vernünftige Verkehrspolitik! Offener Brief an Manuel Hagel

15. Mai 2024

Foto Fahrradstrasse Eberhardstrasse  (Nic Susta, BUND KV Stuttgart 2024)

15.05.2024

Im November 2023 war geplant, das veraltete Straßenverkehrsgesetz zu novellieren, damit die Kommunen mehr Eingriffsmöglichkeiten in den Verkehr bekommen. Mit dem neuen Gesetz würde der Klimaschutz, die Belange der Umwelt und Gesundheit der Bürger sowie der Stadtplanung bei den Entscheidungen der Verkehrsbehörden erstmals eine Rolle spielen können.

Im Bundesrat wurde dann für alle überraschend durch Enthaltung der Bundesländer, in denen die CDU an den Regierungen beteiligt ist, das Gesetz und die Änderung der Straßenverkehrsordnung gestoppt. Die CDU zwang auch die Grünen in der Landesregierung sich zu enthalten. Seither bewegt sich nichts mehr und die Sicherheit, Gesundheit und Lebensqualität der Stuttgarter Bürger wird durch die Fesseln einer nicht mehr zeitgemäßen Straßenverkehrsordnung beeinträchtigt.

In einer Mail an den Vorsitzenden der Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion Alexander Kotz Anfang April haben wir die Auswirkungen des CDU-Vetos detailliert dargelegt und ihn gebeten, sich beim Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Manuel Hagel für die Verabschiedung des blockierten Gesetzespakets einzusetzen.

Da die Stuttgarter CDU nach einem Monat nicht reagierte, haben wir uns entschlossen, mit einem offenen Brief an den Fraktionsvorsitzenden Hagel ihn direkt auf die Konsequenzen für Stuttgart hinzuweisen.

Offener Brief an Manuel Hagel, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion

Sehr geehrter Herr MdL Hagel,

der BUND Kreisverband Stuttgart engagiert sich für eine umwelt- und stadtverträgliche Verkehrspolitik in Stuttgart, wobei uns im Besonderen die Belange der Bevölkerung wichtig sind,
 

  • die wegen der täglichen Autoflut (Lärm und Luftschadstoffe) häufiger krank werden und auch deutlich früher sterben,
  • die erhebliche Einbußen der Lebensqualität hinnehmen müssen, da das zugeteerte Wohnumfeld mit vielen Parkplätzen von den Menschen nicht nutzbar ist,
  • die unter den Hitzewellen des Klimawandels leiden, weil Bäume, Grün- und Wasserflächen fehlen,
  • denen als Zufußgehende durch lange Wartezeiten an Ampeln, fehlenden Zebrastreifen oder durch Falschparker das Gehen verleitet wird,
  • die als Radfahrende von den Autos bedrängt und teilweise auch gefährdet werden und trotz überdimensionierter Straßen an den Rand gedrückt werden,
  • die berechtigte Angst vor der Klimakatastrophe haben, die alles Gewohnte gefährdet und dabei Politiker erleben müssen, die zu einer ernsthaften Problemlösung weder fähig noch willens ist.
     

Ein Ansatzpunkt der Bundesregierung die katastrophale Klimabilanz des Verkehrssektors zu verbessern und Städten wie Stuttgart mehr Handlungsmöglichkeiten einzuräumen, ist die Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung. Diese von Bund und Ländern erarbeiteten Gesetzesänderungen sollten im November letzten Jahres vom Bundesrat beschlossen werden. Für alle Beteiligten überraschend haben mit Ausnahme von Berlin alle Landesregierungen mit CDU-Beteiligung ihr Veto eingelegt, so dass das Straßenverkehrsgesetz und –ordnung erst einmal unverändert bleibt. Sie können sicher nachvollziehen, dass uns und die Öffentlichkeit die Beweggründe interessieren, die die CDU unter Ihrer Führung veranlasst hat, die Grünen gegen ihren Willen zu einem Veto zu zwingen. Zumal es in einer Koalition doch üblich ist, dass Gesetze denen im Bundesrat zugestimmt werden sollen, auch von den Fachpolitikern der Regierungsfraktionen im Land diskutiert und abgestimmt werden.

Wegen der gravierenden nachteiligen Auswirkungen auf Stuttgart haben wir uns an die CDU-Gemeinderatsfraktion gewandt, ihr die Probleme für die Bürger der Stadt erläutert und sie gebeten, sich bei Ihnen und der CDU-Landtagsfraktion dafür einzusetzen, dass Baden-Württemberg gemeinsam mit anderen Bundesländern den Vermittlungsausschuss anruft (siehe untenstehendes Mail). Inzwischen ist ein Monat vergangen und wir haben von der CDU-Fraktion nichts gehört. In der Stuttgarter Zeitung war zu lesen, dass die Verkehrsministerkonferenz die Kritikpunkte mit einer überarbeiteten Formulierung ausräumen konnte. Es war aber auch zu lesen, dass sich die Meinung der CDU-Landtagsfraktion nicht geändert hätte.

Für den BUND aber auch die Bürger von Stuttgart stellen sich im Zusammenhang mit dem Bundesratsveto deshalb folgende Fragen:
 

  • Welche Inhalte der Novelle waren ausschlaggebend, dass die CDU-Landtagsfraktion die Landesregierung zwang, für Ablehnung im Bundesrat zu votieren?
  • Wurde die ursprüngliche Fassung der Novelle innerhalb der Regierungsfraktionen diskutiert und konnte ein Konsens erzielt werden?
  • Wie müsste das Straßenverkehrsgesetz und –ordnung geändert werden, damit die CDU zustimmen kann?
  • Ist der von der Verkehrsministerkonferenz erarbeitete Kompromiss für die CDU zustimmungsfähig?
     

Uns ist Transparenz bei politischen Entscheidungen wichtig. Besonders dann, wenn nur ausgewiesenen Expert*innen im Verkehrsbereich die Tragweite der Entscheidungen verstehen und gleichzeitig die politisch Handelnden damit rechnen können, dass die Bürger die negativen Auswirkungen auf ihr Lebensumfeld nicht mit ihnen in Verbindung bringen können. Daher haben wir uns entschlossen, diese Schreiben als offenen Brief der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Ungeachtet dessen möchten wir unsere Erwartung zum Ausdruck bringen, dass die Landesregierung der angepassten Novelle des Straßenverkehrsgesetzes und –ordnung noch zustimmen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Clarissa Seitz                                                            Thomas Baur

Kreisvorsitzende BUND Kreisverband Stuttgart  Verkehrspolitischer Sprecher

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