BUND Kreisverband Stuttgart

Vertical Farming – sichert gestapeltes Gemüse unsere Ernährung?

17. Februar 2022 | Landwirtschaft, Lieferkette, Lebenswertes Stuttgart, Nachhaltige Ernährung, Nahrungsmittel

Bereits heute ist die herkömmliche Landwirtschaft global für ein Drittel unseres CO2-Austoßes verantwortlich, vereinnahmt riesige Flächen unserer Erde und belastet das Grundwasser mit Düngern und Pestiziden. [1] Und die Bevölkerung wächst weiter: bis 2050 werden etwa 10 Mrd. Menschen auf der Erde leben. [2] Wie sichern wir die Ernährung der Menschheit, ohne den Planeten noch weiter derartig auszubeuten? Eine nachhaltigere Alternative könnte das Vertical Farming sein.

Vertical Farming (Quelle: pixabay)  (pixabay)

Was ist Vertical Farming?

Hierfür werden Nutzpflanzen vertikal angebaut, so dass die Anbauflächen im Vergleich zur herkömmlichen Landwirtschaft immens reduziert werden können. Viele Pflanzen, wie z.B. Kräuter und Salate benötigen hierfür nicht unbedingt ein Substrat zum Wachsen: Durch die sogenannte Hydroponik, eine Aufzucht in wassergefüllten Behältern, werden die Pflanzen optimal mit Wasser und Nährstoffen versorgt. [3]

Wo gibt es Vertical Farming schon?

Die größte Vertical Farm der Welt mit einer Größe von 6500 m2 steht derzeit in New Jersey, wo das Unternehmen AeroFarms über 900 Tonnen Lebensmittel jährlich produziert. Dabei beträgt der Wasserverbrauch nur 5 Prozent dessen, was in der herkömmlichen Landwirtschaft benötigt wird und der Ertrag ist aufgrund des Anbaus in mehreren Etagen 390-mal höher. [4]

Konkurrenz könnte sie bald von einer noch größeren Farm namens Crop One in Dubai bekommen. Hier sollen in naher Zukunft bis zu 3000 kg Gemüse täglich produziert werden. In einer solchen Gegend, wo es ganzjährig heiß und trocken ist, ergibt eine vertikale Anbauweise mit einem Bruchteil des Wasserbedarfs durchaus Sinn. [5]

Das Berliner Unternehmen Infarm, z.B., bietet Basilikum, Petersilie und andere Kräuter schon direkt am Ort des Konsums an: Es stellt seine gläsernen Schränke einfach in Restaurants oder Supermärkten auf. [4] Auch hier in Stuttgart, genauer gesagt im Edeka im Einkaufzentrum Das Gerber, findet ihr eine solche In-Store-Farm.

Vor- und Nachteile – wie nachhaltig ist Vertical Farming wirklich?

Da die Pflanzen Licht zum Wachsen benötigen, werden sie Tag und Nacht mit LED-Lampen bestrahlt. Die Menge an Strom, die hierbei verbraucht wird, ist ganz und gar nicht nachhaltig. Wenn die Betreiber*innen der Farm dafür erneuerbare Energien nutzen, ist das schon deutlich ökologischer, doch auch die Photovoltaikanlagen müssen hergestellt und irgendwann wieder entsorgt werden.

Um eine Vertical Farm zu bauen, bedarf es außerdem eines immensen Startkapitals, so dass sich diese innovative Landwirtschaft, ökonomisch gesehen, in den meisten Fällen erst nach einigen Jahren lohnt – zumindest derzeit. Wenn die Technik günstiger wird, können es sich in Zukunft vielleicht auch kleinere Betriebe leisten, auf Vertical Farming umzuschwenken. [5]

Des Weiteren eignen sich die sehr wichtigen Nahrungsmittel Weizen, Kartoffeln und Reis (noch) nicht gut für den Anbau in der Vertikalen, da sie sehr viel Platz benötigen. [6]

Pflanzen wie Kräuter, Paprikas, Chilis oder Erdbeeren könnten hingegen auf die Weise ganzjährig direkt in unseren Städten angebaut werden. [6] So fallen die Transportwege nur sehr kurz aus und die Nahrungsmittel bleiben frisch.

Durch das geschlossene und kontrollierte System können die Nutzpflanzen komplett unabhängig von Umwelteinflüssen wachsen. Die meisten Keime und Bakterien bleiben draußen, so dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erheblich reduziert werden kann. Die Ernteerträge sind somit ebenfalls komplett losgelöst von extremen Wetterereignissen wie Hagel oder Dürre, die im Zuge des Klimawandels häufiger werden.

Insbesondere hervorzuheben sind die höheren Erträge pro Flächeneinheit im Vergleich zur herkömmlichen Landwirtschaft und der deutlich verringerte Wasserverbrauch da das benutzte Wasser einem Kreislauf zugeführt und immer wieder aufbereitet wird. [5]

Auch wenn das Vertical Farming (noch) einige nicht nachhaltige Aspekte aufweist und nicht alle Nahrungsmittel damit produziert werden können, überwiegen doch die Vorteile wie niedriger Wasserverbrauch, verminderter Platzbedarf und Regionalität. Dementsprechend wird es für eine nachhaltige Landwirtschaft und eine gesicherte Ernährung auch bei stetig wachsender Bevölkerung unabdingbar sein, das Vertical Farming zumindest ergänzend zur herkömmlichen Landwirtschaft einzusetzen. [6]

Quellen:

  1. https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/anbau/landwirtschaft-klima
  2. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1717/umfrage/prognose-zur-entwicklung-der-weltbevoelkerung/
  3. https://www.pflanzenfabrik.de/vertical-farming-ueberblick/
  4. https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-erleben/landwirtschaft-hautnah/in-der-stadt/vertical-farming-landwirtschaft-in-der-senkrechten
  5. https://utopia.de/stapelweise-gruen-wie-vertical-farms-die-landwirtschaft-veraendern-128321/
  6. https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2022/02/vertical-farming-high-tech-gemuese-aus-der-grossstadt

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