BUND Kreisverband Stuttgart
Beitrag von Dr. Christine Lehmann, Schriftstellerin, Radbloggerin, Stadträtin

Rad-Bloggerin für Stuttgart

Dr. Christine Lehmann Dr. Christine Lehmann  (Dr. Christine Lehmann / BUND KV Stuttgart)

Als ich 2006 zum ersten mal ein Pedelec fuhr, wusste ich: Das wird jetzt mein Fahrrad für Stuttgart. Anfangs fuhr ich nur zur Arbeit und zurück, Abenteuer genug, denn ich musste dabei die Stadt Stuttgart fürs Fahrrad entdecken.

Wo radelt man eigentlich? Anfangs mied ich befahrene Straße und suchte Nebenstraßen. Da lernt man eine Stadt schon mal sehr gut kennen. Unbekannte Ecken, schöne Straßen, Läden, Cafés. Das Pedelec wurde zu meinem Stadtauto, ich mache seitdem so gut wie alle Wege in der Stadt mit dem Fahrrad, auch den üblichen Wocheneinkauf. Das Fahrrad habe ich mir dafür passend gemacht mit regendichtem Container auf dem Gepäckträger. 2013 habe ich mich gefragt, warum Radfahrende so oft rote Ampeln missachten. Ich fuhr damals vom Ruderclub nach Hause: ein Stück Gehweg, der für Radler freigegeben war, ein paar Meter Fahrbahn, querte eine Fußgängerampel und eine Radlerampel, radelte durch den Schlossgarten, überquerte auf einem Radweg den Wilhelmsplatz, hoppelte durch Nebenstraßen und merkte: Wir wechseln durch alle Infrastrukturen, die mal für uns ausgelegt sind, mal eigentlich für Autos oder Fußgänger/innen, wir müssen ständig unser Fahrkonzept ändern. So werden wir zu Pfadfindern, und da sind dann auch Ampeln nur noch ein Angebot.

Deshalb habe ich mit meinem Blog "Radfahren in Stuttgart" angefangen. Ich schreibe über gute und schlechte Radwege, über Hindernisse, über Fahrradpolitik, über Fahrräder und Strecken, über Ärgernisse und Vorkommnisse, ich denke übers Radfahren nach und darüber, wie man es verbessern könnte. So bin ich mit unheimlich vielen Menschen in dieser Stadt in Kontakt gekommen. Radfahrende begegnen sich, sie schauen einander in die Augen, sie können jederzeit halten und miteinander reden. Auf dem Fahrrad ist man im Grunde wie ein Fußgänger unterwegs, nur schneller. Man kann überall hin abbiegen, überall halten, man kommt überall durch und ziemlich weit und ist immer mitten in der Stadt oder mitten im Grünen, immer mittendrin im Leben unter Leuten. Übrigens auch im Wetter. Ich spüre jeden Tag, wie das Wetter ist, und das tut gut in der Stadt, die sonst so viel Natur von einem fernhält. Kälte erfrischt, im Regen ist die Atemluft wunderbar, im Sommer riecht jede Ecke anders. Nie habe ich darüber nachgedacht, ob ich aufs Auto verzichte, aber oft habe ich es als Glück empfunden, aufs Fahrrad zu steigen und draußen zu sein, während andere in diesen Blecbkästen sitzen und nichts mitbekommen außer dem Auto vor ihnen. Das Fahrrad hat mein Leben erweitert und mich tief in die Stadt hinein gebracht. Schön, dass es diese Dinger gibt, und vor allem diese E-Räder, mit denen man wirklich jeden Berg hochkommt.

 

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