BUND Kreisverband Stuttgart

Eine kurze Einführung in die Landwirtschaft

03. Mai 2021 | Landwirtschaft, Lieferkette

Grüne, saftige Wiesen mit glücklichen Kühen, Vogelgezwitscher und knackigen Äpfeln, die direkt vom Baum auf dem Frühstückstisch landen - Das ist die Idylle, wie sie aus der Werbungen kennen. Die Realität sieht allerdings ganz anders aus. Grüne Wiesen weichen riesigen Monokulturen, Kühe stehen in engen Ställen, auf den Plantagen zwitschern keine Vögel mehr und der Apfel kommt aus fernen Ländern oder wird hier über mehrere Jahre gelagert, um in perfekter Form nachzureifen. Die Landwirtschaft braucht einen nachhaltigen, kreativen und kreiswirtschaftlichen Strukturwandel.

Die Landwirtschaft wird mit großen Maschinen bearbeitet.

Vor ca. 10.000 Jahren begannen die Menschen mit der Domestizierung bzw. Kultivierung von Tiere und Pflanzen. Mit der gezielten Aussaat konnten pro Fläche mehr Kalorien produziert werden, sodass die Bevölkerungszahlen auf der Welt anstiegen. Immer mehr Anbauflächen wurden durch Waldrodung und Trockenlegung von Sümpfen ergattert. Durch den daraus entstandenen Handel kam es zu Herrschaftsverhältnissen und einer gewissen Infrastruktur.
Im 19. Jahrhundert wurde die Agrarchemie entwickelt, wodurch die Ernte vor Schädlingen geschützt und bedarfsgerecht gedüngt werden konnte. Mit der industriellen Revolution kamen technische Neuerungen, was verbesserten Transport- und verbesserte Infrastruktur nach sich zog. Allerdings stieg dadurch wiederum der Konkurrenzdruck für die Erzeuger. In den letzten Jahrzehnten ist die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe stark gesunken. Pro Betrieb stehen heute mehr Hektar zur Verfügung und die Landwirt*innen haben sich meist auf ein Gebiet spezialisiert, und dies auf Kosten einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, in der Ackerbau und Viehzucht zusammenwirken. Die Landschaft ist heute geprägt von Monokulturen, in denen nur noch wenig Platz für Flora und Fauna ist. Aus der Technologisierung entwickelte sich die Vollmotorisierung, die dazu führte, dass die Landwirtschaft zu einem äußerst kapitalintensiven Wirtschaftszweig wurde. Quantität ist heute wichtiger als Qualität. Doch woran liegt das?

Die industrielle Landwirtschaft versorgt uns zwar alle mit billigen Nahrungsmittel, ist aber auch dafür verwantwortlich, dass die bäuerlichen Strukturen in Deutschland rasant schwinden und die Landwirte in armen Länder in ein ungerechtes Handelssystem gezwungen werden. Denn fünf Unternehmen kontrollieren weltweit drei Viertel des Handels mit Saatgut und drei Unternehmen kontrollieren 48 Prozent des weltweiten Getreidehandels [1]. Die zehn weltgrößten Supermarktketten haben zusammen einen Umsatz, der dem gesamten afrikanischen Bruttoinlandsprodukt entspricht. Wegen dieser enormen Marktmacht, unterliegen Landwirte, die früher noch selbstständig waren,  heute den Regeln dieser Marktführer.
Dieses System aus Unterbezahlung, Ausnutzung und Ausbeutung der Bauern herrscht bereits seit Jahrhunderten vor und hat sich durch die Globalisierung intensiviert. Dabei bildet diese Bevölkerungsgruppe die Lebensgrundlage unserer Existenz.
 

Die Flächenverteilung

In Deutschland werden 50,07 % der Fläche für die Landwirtschaft genutzt [2]. Diese Flächen haben einen großen Einfluss auf die Biodiversität, die Natur und das Wasser. Hier ist also die die Qualität und die Umsicht auf die Umwelt entscheidend für die Gesundheit unseres Ökosystems.
Die gängige Landwirtschaft basiert auf Monokulturen und so werden hier vor allem industriell leicht erntebare Pflanzen angebaut. Mit 40 % bildet Getreide die beliebteste Nutzpflanzenart. Mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche werden für den Tierfutter Anbau genutzt (Grünlandnutzung und Ackerbaufutterkulturen) und lediglich 2,7 % für den Gemüse- und Obstanbau. Die sogenannten nachwachsenden Rohstoffe zur industriellen Verarbeitung nehmen in Deutschland ca. 14 % der landwirtschaftlichen Flächen ein. [3]

Ein Beispiel: Die Massenproduktion von Fleisch

Bei der Intensivierung der Ernteerträge produzieren rund 300.000 Betriebe Waren im Wert von 50 Milliarden Euro. Im Jahr 1950 beispielsweise hat eine Kuh noch 2300 Kilogramm Milch produziert, wohingegen die moderne Kuh im Durchschnitt 8250 [4] Kilogramm im Jahr gibt.

Eine solch enorme Effizienzsteigerung wurde durch jahrelange Züchtung und unablässiger Optimierung herbeigeführt, unter anderem durch genmanipuliertes Kraftfutter (oft auch mit Medikamenten wie Antibiotika), eine erhöhte Hormonzufuhr und jährliche künstliche Befruchtung. Allein in Deutschland werden jährlich über 703 Millionen Tiere geschlachtet. [5] Dass diese Mengen an Fleisch und Milch nicht in der Idylle produziert werden können, die die Verpackungen suggerieren, dürfte klar sein.

Die Massenproduktion kommt dabei der Fleischlust und dem Geldbeutel der Konsumenten entgegen. Schließlich regelt die Nachfrage das Angebot! Da sich in Deutschland drei große Betriebe den Profit der Schlachtwirtschaft teilen, können diese ihre Marktmacht nutzen und die Preise gut steuern. Auf Platz eins steht Tönnies Lebensmittel GmbH & Co. KG, auf Platz zwei Westfleisch SCE und auf Platz drei Heristo Holding GmbH. [6] Die Landwirtwirtschaft verdient mit ihren Masttieren dadurch extrem wenig und versucht so, sich durch Masse über Wasser zu halten! Biobauern müssen ihr Rinderfleisch in manchen Fällen sogar für Markendiscounter zu konventionellen Preisen verkaufen, weil sie sonst auf ihren Erzeugnissen sitzen bleiben. Grund dafür ist die niedrige Nachfrage für Bio-Rindfleisch und die Marktmacht der Händler.
Deutschland exportiert große Mengen an tierischen Produkten. Bei Gemüse und Obst wird das meiste importiert. Der Gemüsebedarf kann derzeit nur zu einem Drittel gedeckt werden und der Obstbedarf sogar nur zu einem Fünftel! Diese Diskrepanz in unserer Lebensmittelproduktion sorgt für ein großes Ungleichgewicht in Deutschland, aber auch im Ausland!

In den folgenden Artikeln zur konventionellen Landwirtschaft und ökologischen Landwirtschaft erfährst du die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten der beiden Landwirtschaftsarten. 

Landwirtschaft verstehen in Infografiken

 

 

 

Quellen:

  1. https://www.oekosystem-erde.de/html/industrielle_landwirtschaft_02.html
  2. https://www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden-land-oekosysteme/flaeche/struktur-der-flaechennutzung#die-landwirtschaftlich-genutzte-flache-schrumpft
  3. https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-verstehen/wie-arbeiten-foerster-und-pflanzenbauer/was-waechst-auf-deutschlands-feldern/
  4. https://milchindustrie.de/marktdaten/erzeugung/
  5. https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/14-10-2020-wie-viele-tiere-werden-in-deutschland-pro-jahr-geschlachtet/
  6. https://www.listenchampion.de/2020/05/23/liste-der-3-groessten-fleischverarbeiter-in-deutschland/

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