Forderungen des BUND Kreisverband Stuttgart zur Verbesserung des Lieferkettengesetzes
Wir fordern:
- Eine vollumfängliche Sorgfaltspflicht die nicht nur für den eigenen Geschäftsbereich, sondern auch für mittelbare Zulieferer gilt (denn hier ist die größte Gefahr der Menschenrechtsverletzung verzeichnet).
Es ist äußerst problematisch, dass der Regierungsentwurf des Lieferkettengesetzes das Entstehen der Sorgfaltspflichten bei mittelbaren Zulieferern davon abhängig macht, dass ein Unternehmen „substantiierte Kenntnis“ über eine mögliche menschenrechtliche Verletzung erlangt (§9,3.). In diesem Fall kommt die Hilfe meist zu spät, der Schaden ist dann bereits angerichtet. Der Bereich der Risikoanalyse muss auf die mittelbaren Zulieferer ausgeweitet werden. Das UN-Leitprinzip sieht die Risikoanalyse für die gesamte Lieferkette vor, da nur dadurch präventiv ein Missstand verhindert werden kann. (UN Leitprinzip 17 a): „Sorgfaltspflicht auf dem Gebiet der Menschenrechte: (a) sollte sich auf die nachteiligen menschenrechtlichen Auswirkungen erstrecken, die das Wirtschaftsunternehmen durch seine eigene Tätigkeit unter Umständen verursacht oder zu denen es beiträgt oder die infolge seiner Geschäftsbeziehungen mit seiner Geschäftstätigkeit, seinen Produkten oder Dienstleistungen unmittelbar verbunden sind...“)
- Eine explizite zivilrechtliche Haftungsregel, wonach Unternehmen vor deutschen Zivilgerichten für Schäden haften, die sie durch Missachtung ihrer Sorgfaltspflichten verursacht haben.
Durch den neuen Entwurf ist ein zentraler Zweck des Gesetzes, nämlich ein verbesserter Zugang zu Gerichten und Entschädigungsansprüchen für die Betroffenen verloren gegangen.
- Einführung eigenständiger umweltbezogener Sorgfaltspflichten; schadens- und umweltbezogene Generalklausel.
Die umweltbezogenen Menschenrechtsverletzungen sind lediglich ausschnitthaft und größtenteils auf zwei Abkommen bezogen. Erforderlich ist vor diesem Hintergrund die Ausgestaltung der umweltbezogenen Sorgfaltspflicht als schadens-und umweltgutsbezogene Generalklausel, die sich auf erhebliche nachteilige Veränderungen (oder Beeinträchtigungen) der Umweltgüter Boden, Luft, Wasser, Biodiversität und das globale Klima erstreckt. Problematisch ist auch die Beweislage, denn viele umweltbezogenen Schäden sind nicht sofort sichtbar, sondern entwickeln sich mit der Zeit, dies muss in der Generalklausel berücksichtigt werden.
- Eine Ausweitung des Geltungsbereichs auf alle Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden sowie auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Sektoren mit besonderen menschenrechtlichen Risiken.
Kleinere Unternehmen in Deutschland die vor allem aus der Textil- und Lebensmittel-Branche stammen, sind oft in Menschenrechtverletzungen und Umweltzerstörung verwickelt. Diese müssen miteinbezogen werden. Außerdem müssen Tochterunternehmen auch in die Sorgfaltspflicht aufgenommen werden, zumindest so lange sie dem gleichen Geschäftszweck dienen.
- Die sieben UN Menschenrechtabkommen müssen angehängt werden. Zusätzlich müssen auch nach der Internationalen Arbeits- und Sozialstandards Konvention die Beteiligungsrechte indigener Völker gesetzlich verankert werden.
Die Auflistung orientiert sich am menschenrechtlichen Bezugsrahmen der UN-Leitprinzipien (UNLP), lässt aber die Allgemeinen Menschenrechte (AMER) aus. Zudem fehlen zentrale von Deutschland ratifizierte UN Menschenrechtsabkommen, wie die Frauenrechts-, die Kinderrechts-und die Behindertenrechtskonvention.
- Eine klare Definition welche Bedürfnisse und Rechte ein Lohn abdecken muss.
Momentan gilt die Regelung des Beschäftigungsortes bei der Angemessenheit des Lohns (welches Gesetz ist gemeint? §2,8). Der Sinn und Zweck eines Lieferkettengesetzes im Sinne der UNLP muss sein, Menschenrechte unabhängig vom lokalen Recht durchzusetzen, das oft ein nur unzureichendes Schutzniveau bietet. Durch zu niedrigen Lohn sind Familien im globalen Süden eher dazu gezwungen ihre Kinder ebenfalls arbeiten zu lassen. Ein fairer Lohn muss mindestens die Grundbedürfnisse (Wohnen, Wasser, Nahrung) des Arbeitnehmers und seiner Familie garantieren.
- Ein angemessenes Risikomanagement und Beschwerdesystem für die gesamte Lieferkette: Ziel UNLP: Unternehmen können Missstände frühzeitig erkennen und Betroffene können ihre Anliegen zur Geltung bringen und Wiedergutmachung erlangen.
Das jetzige Gesetz ist zu vage formuliert, im Wesentlichen bleibt es Unternehmen selbst überlassen wie sie das Verfahren gestalten. Keine Orientierung an rechtlichen Vorgaben z.B. EU Whistleblowing-Richtlinie. Hierbei ist die Beteiligung von Betroffenen bei Risikoanalyse, Verankerung von präventionsmaßnahmen, Abhilfemaßnahmen und Beschwerdesystem notwendig, um nachhaltig die Menschenrechte zu gewährleisten.
Der BUND Kreisverband Stuttgart bedankt sich herzlich für ihr Bemühen.
Thea Samide Bundesfreiwillige beim BUND Kreisverband Stuttgart
Clarissa Seitz Kreisvorsitzende BUND